Der Feuerwehrball

Ein Film von Milos Forman

Genre: Komödie

 | Erscheinungsjahr: 1967

 | Jahrzehnt: 1960 - 1969

 | Produktionsland: Tschechien

 

Die tschechische Komödie Der Feuerwehrball schildert, wie die feierliche Veranstaltung einer Kleinstadtfeuerwehr vollkommen misslingt. Da das Werk des Regisseurs Milos Forman andeutet, die herrschenden Missstände in der kommunistischen Tschechoslowakei seien die Ursache dieser Farce, zog das Regime den Film prompt aus dem Verkehr.

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Filmkritik:

Es sollte für lange Zeit der letzte tschechische Film des Regisseurs werden. Forman emigrierte in die Vereinigten Staaten und gewann mit dem Meisterwerk Einer flog über das Kuckucksnest sowie dem absurden Mozart-Biopic Amadeus mehrere Oscars.

Die Aversion der staatlichen Stellen lässt sich problemlos nachvollziehen, da Der Feuerwehrball kein gutes Haar an den Zuständen des Landes lässt. In nur 80 Minuten bricht Forman die missliche Lage der Tschechoslowakei auf den Festsaal einer Kleinstadt herunter, in dem die Feuerwehr einen Ball ausrichtet.

Die Party zu Ehren eines ehemaligen Vorsitzenden misslingt in allen Belangen, doch Forman liegt wenig daran, sich über die nicht besonders hellen Protagonisten lustig zu machen, im Gegenteil: Er zeichnet sie als einfache, gutmütige Leute und zieht nicht sie, sondern letztlich die verfahrenen Umstände – dem alltäglichen Wahnsinn des Lebens in der Tschechoslowakei – durch den Kakao.

Dass die Tombola ins Wasser fällt, weil die Gäste die als Preise deklarierten Lebensmittel noch während der Feier stehlen, mag zunächst ein negatives Licht auf die Festbesucher werfen; zu Ende gedacht, verdeutlicht diese Episode jedoch, wie hungrig die Dorfbewohner sein müssen – so etwas Gutes wie eine große Presswurst oder einen Schweinskopf haben sie offenkundig lange nicht zu Gesicht bekommen.

Auch die Feuerwehrleute wirken heillos überfordert. Sie scheitern nicht nur bei der Organisation der Festivitäten, sondern versagen auch in ihrem eigentlichen Metier, als in der Nachbarschaft ein Feuer ausbricht, das die Brandbekämpfer nicht unter Kontrolle bekommen.

Was zunächst einen negativen Eindruck von der Tüchtigkeit der Männer erweckt, verdeckt beinahe die Tatsache, dass die einzige gezeigte Gegenmaßnahme darin besteht, mit Schaufeln Schnee in die Flammen zu schippen – offensichtlich fehlt es der Feuerwehr schlichtweg an funktionierendem Gerät, der Staat scheint keine Löschfahrzeuge, Pumpen oder Schläuche zur Verfügung stellen zu können.

Meine Lieblingsszene spielt sich ebenfalls während des Brandes ab, wenn Forman seine Kritik anhand einer großartigen Karikatur auf den Punkt bringt: Als die Männer erkennen, dass das lichterloh brennende Gebäude nicht mehr zu retten ist, setzen sie den nun mittellosen Hausbewohner mit dem Rücken zum Feuer auf den letzten verbliebenden Stuhl.

Wir lernen: Hier werden Probleme nicht gelöst, sondern es wird so getan, als gäbe es sie gar nicht. Stattdessen erfreut man sich an der Wärme des Kommunismus – die Feuerwehrmänner rücken Mann und Stuhl sogar noch etwas dichter an das brennende Haus, damit er nicht friert.

Wer eine rassige Komödie sucht, sollte nicht zur Formans Werk greifen; Der Feuerwehrball interessiert sich weniger für eine möglichst effektvolle Aneinanderreihung von Gags, sondern für die Formulierung eines sardonischen politischen Kommentars. Statt auf Übertreibungen setzt der tschechische Klassiker auf einen genreuntypischen Realismus, der durch die Laiendarsteller und die schlichten Kulissen zur Geltung kommt.

Aufgrund der kurzen Spielzeit und einiger witziger Einfälle unterhält Der Feuerwehrball auf solidem Niveau, während der politische Subtext das eigentliche Highlight des Films darstellt.

★★★★☆☆

1960 – 1969

Die Sechziger Jahre zählen zu den revolutionärsten Jahrzehnten der Kinogeschichte. Mehrere Strömungen – die neuen Wellen – verschoben künstlerische Grenzen und modernisierten die Filmsprache. Viele Regisseure ließen die themen der vorherigen Generationen hinter sich und drehten freiere, gesellschaftskritischere Werke.

Tschechoslowakische Neue Welle

Als in der kommunistischen Tschechoslowakei zu Beginn der Sechziger Jahre eine Liberalisierung einsetzte, ergaben sich auch für Filmschaffende neue Möglichkeiten. Inspiriert durch die französische Nouvelle Vague, experimentierten die Regisseure mit neuen visuellen und narrativen Formen. Viele Werke trauten sich, das Leben im Kommunismus zu kritisieren, bevor die Niederschlagung des Prager Frühlings auch die Strömung verstummen ließ.