Heaven’s Gate

Ein Film von Michael Cimino

Genre: Western

 | Strömung: New Hollywood

 | Erscheinungsjahr: 1980

 | Jahrzehnt: 1980 - 1989

 | Produktionsland: USA

 

Michael Ciminos Westernepos Heaven’s Gate markiert einen Wendepunkt in der amerikanischen Kinogeschichte. Die mit großem Tamtam gestartete Produktion zielte auf zahlreiche Oscars, entwickelte sich jedoch zum Desaster und beendete die Ära des New Hollywood-Kinos.

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Filmkritik:

In den späten Sechziger Jahren trafen einige Regisseure mit ihren gesellschaftskritischen Filmen den Zeitgeist. Das New Hollywood-Kino sprengte Grenzen und begeisterte die Kinozuschauer. Das rentierte sich auch für die Studios, die den Regisseuren ungewöhnlich viel Kontrolle überließen.

Michael Cimino gehörte zu den namhaftesten Filmemachern dieser neuen Generation. Sein Antikriegsfilm Die durch die Hölle gehen gewann 1979 fünf Oscars, darunter für den besten Film und die beste Regie.

Kein Wunder also, dass United Artists Ciminos nächstes Projekt bedingungslos unterstützte. Für Heaven’s Gate stellte das Studio seinem 40 Jahre jungen Starregisseur ein gigantisches Budget von 20 Millionen Dollar zur Verfügung. Cimino schwebte ein Western-Epos vor, dass sich in der gewohnten Manier des New Hollywood kritisch mit dem American Dream und der Geschichte der USA auseinandersetzte.

Im Zentrum von Ciminos Drehbuch steht der sogenannte Johnson County War: Tausende osteuropäische Einwanderer strömten mit der Hoffnung auf eine bessere Zukunft nach Wyoming, was den mächtigen Rinderbaronen des Staates ein Dorn im Auge war. Sie benutzten einige Viehdiebstähle als Vorwand, um eine Miliz aus Revolverhelden anzuwerben und die Migranten mit Gewalt zu vertreiben.

Heaven’s Gate erzählt diese Ereignisse nach und versetzt seine Hauptfiguren – einen Marshall, eine Prostituierte und einen Revolverhelden – in die Wirren der Auseinandersetzung. Dass die Männer auf verschiedenen Seiten des Konflikts stehen und sich überdies beide in die Frau verlieben, verkompliziert die Situation.

Cimino investierte seine Produktionsmittel in eine riesige Westernstadt und Hunderte Statisten. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Nach dem Prolog fängt der Regisseur den Trubel des Wilden Westens atemberaubend ein. Die Stadt wirkt regelrecht überflutet von den ärmlichen Migranten aus Osteuropa.

Authentizität war dem Regisseur enorm wichtig: Das Produktionsdesign orientierte sich explizit an den Fotos aus jener Zeit. Besonders die Kostüme beeindrucken und haben wenig mit den Klischee-Kleidern herkömmlicher Western gemein.

Auch die Kamera von Vilmos Zsigmond taucht das Geschehen in historisches Flair. Zsigmond hatte bereits einige Jahre zuvor dem grandiosen Anti-Western McCabe & Mrs. Miller einen verwaschenen, realistischen Look verpasst. Heaven’s Gate sieht weniger muffig aus; die Bilder strahlen wie ein toll restauriertes Gemälde – altmodisch und doch voller Leben.

Aller Authentizität und Ausstattung zum Trotz gelingt es Heaven’s Gate in keinem Moment, etwas zu erzählen. Die Laufzeit des Director’s Cut beträgt ausschweifende dreieinhalb Stunden, die der Film für lose Ausschnitte aus dem Leben der Figuren veranschlagt. Wir sehen den Figuren beim Ausreiten und Picknicken, bei Hahnenkämpfen und Tanzabenden zu. Über die Figuren erfahren wir wenig, eine Weiterentwicklung findet nicht statt.

Selbst die namhaften Darsteller scheinen in der Luft zu hängen – das Spiel von Kris Kristofferson und Christopher Walken bleibt flach und unpersönlich, Jeff Bridges wird komplett verschenkt. Nur Isabelle Huppert überzeugt. Ihre Vitalität verhindert, dass der Film in zähe Gesten zerfällt.

Die flache Handlung transportiert die Gesellschaftskritik des New Hollywood-Kinos nur latent. Heaven’s Gate stellt heraus, dass im Kapitalismus alle reich werden können, aber eben nicht jeder. Die Vermögenden beschützen ihren Status und verstellen den Nachfolgenden den Weg des American Dream. Reichlich schmale Erkenntnisse für ein Mammutwerk wie dieses.

Aufgrund seiner losen Narration und der seltsam bindungslosen Figuren erntete Heaven’s Gate massive Kritik und entwickelte sich an den Kinokassen zum größten Flop seiner Zeit. Das war umso bitterer, weil Ciminos Ansprüche die veranschlagten Kosten auf wahnwitzige 40 Millionen Dollar verdoppelt hatten.

Der Fehlschlag besiegelte das Schicksal des New Hollywood-Kinos. Heaven’s Gate bewies den Produzenten der Traumfabrik, wie gefährlich es ist, den Regisseuren große Freiheiten einzuräumen. Wie viel sicherer wirkten im Vergleich die ersten Blockbuster – Filme wie Der weiße Hai oder Krieg der Sterne boten glänzende Vermarktungschancen und Franchise-Potenzial. Die Neuorientierung Hollywoods war die logische Folge.

Und so hinterlässt das Finale von Heaven’s Gate tatsächlich ein wehmütiges Gefühl. Nicht, weil der Film ein bewegender Abgesang auf den Wilden Westen wäre, sondern weil wir dem Ende der mutigsten und künstlerisch fruchtbarsten Phase der amerikanischen Kinogeschichte beiwohnen.

★★☆☆☆☆

1980 – 1989

Nach zwei Jahrzehnten, die sich zunehmend auf anspruchsvolle Werke fokussierten, fand in den Achtziger Jahren ein Umschwung statt. Genrefilme erlebten ein Comeback und Hollywood setzte zunehmend auf aufwendige Blockbuster. Das Unterhaltungskino begann, die Kinolandschaft zu dominieren.

New Hollywood

Mitte der Sechziger Jahre gelangte das traditionelle Hollywood-Kino an einen kreativen Nullpunkt, der eine neue Strömung ermöglichte. Das New Hollywood legte die kreative Kontrolle der Produzenten in die Hände junger Regisseure, die so unkonventionelle Filme drehen konnten. Gesellschaftskritische Werke mit Außenseitern als Protagonisten sorgten für die Wiederbelebung des amerikanischen Kinos.