Take Aim at the Police Van

Ein Film von Seijun Suzuki

Genre: Kriminalfilm

 | Strömung: Japanische Neue Welle

 | Erscheinungsjahr: 1960

 | Jahrzehnt: 1960 - 1969

 | Produktionsland: Japan

 

Trenchcoats, Jazzmusik und ständige Action: Der japanische B-Noir Take Aim at the Police Van eignet sich als Musterbeispiel für die im besten Sinne überkandidelten Filme von Regisseur Seijun Suzuki.

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Filmkritik:

Take Aim at the Police Van stammt aus der Fließbandproduktion des Studios Nikkatsu, in der Seijun Suzuki aufblühte. Solange die Regisseure die knapp bemessenen Zeit- und Kostenpläne einhielten und die Filme am Ende etwas Profit brachten, erhielten die Filmemacher eine große kreative Freiheit. Suzuki verstand diese zu nutzen: Er drehte nicht nur wahnwitzige elf Filme in zwei Jahren, sondern fand trotz dieser Auftragsarbeitenmentalität einen eigenen, schmissigen Inszenierungsstil.

Bereits der Auftakt von Take Aim at the Police Van gibt die Richtung für den Rest des Films vor: Noch während die Credits eingeblendet werden, erzeugt Suzuki Spannung mit der Parallelmontage zwischen einigen Killern und einem Gefangenentransporter, der ihrem Hinterhalt entgegenfährt. Gleichzeitig definiert die Szene die Herangehensweise Suzukis: Für fetzige Unterhaltung steht Kohärenz im Zweifelsfall immer hinten an.

Es erscheint wenig plausibel, dass besagter Transporter nachts unterwegs ist, doch bietet sich so die Möglichkeit für mehr Atmosphäre und stylischere Bilder. Die Szene führt einige wichtige Figuren ein, lässt eine ganz in Weiß gekleidete, geisterhafte Frau im nächtlichen Schwarz auftauchen und liefert mit dem chaotischen Anschlag direkt die erste Actionszene.

Nicht nur in der Eröffnungssequenz passiert ungeheuer viel in kurzer Zeit. Die eigentlich simple Prämisse des Films – ein Beamter wird wegen des Attentats beurlaubt und will die Geschehnisse auf eigene Faust aufklären – steigert sich in einen endlosen Reigen von Figuren und Nebenkriegsschauplätzen, die Handlungselemente des nur 79 Minuten kurzen Krimis würden locker für zwei Filme reichen.

Was zu Beginn aufgrund der Unvorhersehbarkeit und Abwechslung noch Spaß macht, entwickelt sich zunehmend weniger positiv. Einerseits gestaltet sich das Behalten des Überblicks nach zig Schlenkern der Geschichte immer schwieriger, andererseits wirkt das Geschehen nach zig Zufällen, Überraschungen und falschen Fährten auch immer beliebiger. Der ausdrucksstarken Bildgestaltung und Suzukis dynamischer Regie zum Trotz sinkt der Unterhaltungswert Take Aim at the Police Van in der zweiten Filmhälfte.

Am besten ist Suzukis Film immer in jenen Momenten, wenn die umständliche Handlung kurz zur Seite geschoben wird und memorablen Einzelszenen weicht, in denen der Regisseur lustvoll mit den Grundtugenden des Genres spielt und genüsslich übertreibt. Da wird auch schon mal eine halbnackte Frau mit einem gezielten Pfeil ermordet; oder die Antagonisten erschießen den gefangenen Helden nicht einfach, sondern planen eine derart umständliche Ermordung (der unser Held wie gewohnt in letzter Sekunde entkommt), dass jedem Bond-Bösewicht das Herz aufgeht.

Wer Take Aim at the Police Van als comichafte Film Noir-Überhöhung begreift oder ohnehin schon die später entstandenen, noch abstrakteren Arbeiten von Seijun Suzuki (Tokyo Drifter, Branded to Kill) schätzt, dürfte hier ordentlich unterhalten werden; der seltsame Plot und die austauschbaren Figuren schränken das Vergnügen jedoch ein.

★★★★☆☆

Seijun Suzuki

Zu Beginn seiner Karriere kurbelte Seijun Suzuki B-Movies am Fließband herunter. Gelangweilt von den seelenlosen Auftragsarbeiten begann der Regisseur, die immer gleichen Gangsterstreifen in eine neue, zunehmend expressivere Form zu pressen. Fortan inszenierte er seine B-Movies als grelle Pulp-Reveuen – wild, bunt, unglaubwürdig. Das entsetzte die Studiobosse, bescherte Cineasten jedoch einzigartige Filmerlebnisse.

Japanische Neue Welle

Als die französische Nouvelle Vague die Filmsprache veränderte, inspirierte sie auch die Regisseure im fernen Japan. Diese brachen nun ebenfalls mit traditioneller Inszenierung und altbackener Themenwahl. Es folgten Arbeiten unterschiedlichster Genres, die sich deutlich gesellschaftskritischer gaben und dazu einer modernen, manchmal sogar radikalen Inszenierung bedienten.