Die Straße der Schande

Ein Film von Kenji Mizoguchi

Genre: Drama

 

 | Erscheinungsjahr: 1956

 | Jahrzehnt: 1950 - 1959

 | Produktionsland: Japan

 

Kurz nach der Fertigstellung von Die Straße der Schande starb der Meisterregisseur Kenji Mizoguchi an Leukämie. Doch obwohl sein letzter Film nicht dezidiert als solcher geplant war, bildet er einen würdigen Abschluss der drei Jahrzehnte umspannenden Karriere des Japaners. Tatsächlich schließt sich hier der Kreis perfekt, widmet sich Mizoguchi doch ein weiteres Mal dem vorherrschenden Thema seiner Laufbahn und porträtiert das Leiden der Frauen.

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Filmkritik:

Mizoguchi war ein Frauen-Regisseur im besten Sinne. Geprägt durch Erlebnisse in seiner Kindheit – seine Schwester wurde als Geisha verkauft, seine Mutter vom Vater misshandelt – drehte er mehr als zwanzig Jahre lang immer wieder Werke, die die Stärke des weiblichen Geschlechts feiern und gleichzeitig ihre niedere Stellung in der japanischen Gesellschaft anprangern.

Im Gegensatz zu früheren Filmen wie Die Schwestern von Gion oder Frauen der Nacht, in denen Mizoguchi die Dramatik durch melodramatische Einschübe und seine berühmte fließende Kameraarbeit transportierte, hält er sich in seinem Spätwerk deutlich mehr zurück. Doch obwohl Die Straße der Schande aus einer passiveren Beobachterperspektive gedreht ist, gelingt Mizoguchi auch hier ein beeindruckendes Porträt, das auf unwiderstehliche Weise eine Brücke zwischen Publikum und Figuren baut und die Sorgen und Nöte der Protagonistinnen eindringlich schildert.

Statt sich auf eine oder zwei Frauen zu fokussieren, bietet Die Straße der Schande gleich fünf gleichberechtigte Protagonistinnen auf. Sie alle arbeiten im Bordell Dreamland und ermöglichen es dem Regisseur, zahlreiche individuelle Geschichten zu erzählen und dennoch darüber hinaus ein beispielhaftes großes Bild ableiten zu können. Die Probleme der Amüsierdamen gestalten sich ganz unterschiedlich, besitzen jedoch alle einen ökonomischen Hintergrund, der nur durch Prostitution gemindert werden kann.

Während die erste, behutsam aufgebaute Filmhälfte für die Exposition zuständig ist, beginnt Mizoguchi im weiteren Verlauf, Überraschungen einzubauen und das Geschehen dramaturgisch zu steigern. Eine Frau nach der anderen scheitert an der Lösung ihrer Probleme, was Mizoguchi die Gelegenheit gibt, eine grundsätzliche Beweisführung für die ungerechte Benachteiligung des weiblichen Geschlechts zu formulieren. Obwohl es auch einige wunderbar lebensbejahende Momente gibt (die teuer erkauft sind), bleibt vor allem das pessimistische Finale im Gedächtnis.

Die Straße der Schande ist ein kluger wie feinfühliger Film, der Mizoguchis früheren Werken in nichts nachsteht.

★★★★☆☆

Kenji Mizoguchi

Kenji Mizoguchi gehört zu den Meistern des japanischen Films. Geprägt durch Erlebnisse in seiner Kindheit, drehte er zwanzig Jahre lang Werke, in denen Frauen vom Patriarchat unterdrückt werden und in den Traditionen der Gesellschaft gefangen sind. Für seine wütenden Dramen und Historienfilme entwickelte Mizoguchi einen “fließenden” Inszenierungsstil, der besonders durch die elegante Kameraarbeit zur Geltung kommt.

Drama

Der Dramabegriff dient als Auffangbecken für Filme, die sich keinem spezifischerem Genre zuordnen lassen. Dementsprechend viele Schattierungen ergeben sich: vom Sozial- über das Gesellschaftsdrama, das Melodram und die Tragikomödie. Die Gemeinsamkeiten dieser Subgenres liegen in realistischen, konfliktreichen Szenarien und einer Konzentration auf die Figuren.