Die 25 besten Filme

von 1990 bis 1999

Waren die Achtziger Jahre dank der VHS noch das Jahrzehnt des Home Entertainments, sollten die Neunziger Jahre auch durch das Aufkommen des Internets das Jahrzehnt von Popkultur und Postmoderne werden.

Filmforen und Websites boten vielfältige Möglichkeiten, sich mit Filmthemen zu beschäftigen und einen eigenen Geschmack zu entwickeln. Dieser konnte durch den wachsenden Heimkinomarkt leichter als zuvor befriedigt werden. Dabei differenzierte sich die Filmlandschaft weiter aus: Blockbuster, Independent- und Autorenfilm existierten nebeneinander und gingen zunehmend ineinander auf.

Bestenlisten verkünden keine objektiven Wahrheiten, sie sind per se subjektiv und imperfekt. Die hier aufgeführten persönlichen Favoriten sollten daher als inspirierende Ergänzung zu eigenen Lieblingsfilmen verstanden werden.

Honorable Mentions

Bestenlisten leiden unter chronischem Platzmangel, viele sehenswerte Filme finden keine Berücksichtigung. Sie sollen jedoch zumindest erwähnt werden:

Wenn viele gleichrangige Filme auf der Kippe stehen, streiche ich bisweilen die Vertreter mit dem größten Bekanntheitsgrad, um weniger populäre Filme ins Rampenlicht zu rücken. In diesem Fall traf es Martin Scorseses Großtaten Casino und GoodFellas.

Auch für zwei großartige Filme der Gebrüder Coen (The Big Lebowski und Miller’s Crossing) sowie Michael Manns Heat und Bryan Singers Die üblichen Verdächtigen blieb kein Platz. Das sind allesamt tolle, für die Neunziger Jahre emblematische Werke, aber einen Bekanntheitsschub benötigen sie nicht.

Weitere amerikanische Filme, die ich gerne berücksichtigt hätte, sind Interview mit einem Vampir, Woody Allens Ehemänner und Ehefrauen, die Theaterkomödie Noises Off! und Walter Hills Yojimbo-Remake Last Man Standing.

Die Neunziger Jahre brachten auch dem amerikanischen Independentkino ein Hoch. Einige Vertreter davon landeten ebenfalls auf dem fiktiven 26. Platz. Besonders John Sayles‘ Ensemblefilm City of Hope, der sensationell erfolgreiche Blair Witch Project, Quentin Tarantinos Debüt Reservoir Dogs sowie die bedrückenden Dramen Clean, Shaven und Bad Lieutenant müssen erwähnt werden.

Auch eine ganze Reihe asiatischer Werke hat eine Platzierung nur knapp verpasst. Dazu zählen das chinesische Drama Der blaue Drachen, aus Hongkong sind Wong Kar-Wais Chungking Express und John Woos Actionkracher Hard Boiled und A Better Tomorrow zu nennen, aus Taiwan sollen Vive l’Amour – Es lebe die Liebe und Ang Lees Das Hochzeitsbankett zumindest erwähnt werden.

Aus Europa haben ebenfalls viele sehenswerte Filme eine Platzierung verpasst. Besonders den polnischen Thriller Die Schuld und Nicolas Winding Refns dänisches Debüt Pusher hätte ich gerne noch untergebracht. Aus Deutschland vermisse ich Dominik Grafs Die Sieger, aus Großbritannien die Tragikomödie Peter’s Friends und Christopher Nolans spannenden Debütfilm Following.

Auch der italienisch-französische Mysterykrimi Eine reine Formalität hat die Bestenlisten nur knapp verpasst. Das gilt auch für einige sehenswerte Filme aus Frankreich: Für Delicatessen, Hass und Menschenfeind war schlicht kein Platz mehr.

Nach vielen schwierigen Entscheidungen blieben am Ende 25 großartige Werke übrig – kommen wir nun zu den 25 besten Filmen von 1990 bis 1999:

Filmszene aus Basic Instinct

Platz 25

Basic Instinct

Paul Verhoeven | 1992 | USA

Basic Instinct überführte den Film Noir in die Neunziger Jahre und erzählt die klassische Story von der Femme fatale und dem hard-boiled Hero auf skandalträchtige Weise – die zeigefreudigen Sexszenen sorgten für Schlagzeilen. Der Erfolg zog zahlreiche Epigonen nach sich, doch keiner erreicht das Niveau des Originals, denn Basic Instinct hat deutlich mehr zu bieten als schlüpfrige Tatsachen. Paul Verhoeven beweist ein untrügliches Gespür für unsere Schaulust und spielt mit Erwartungen; die Dialoge treffen durchweg ins Schwarze; die Chemie zwischen Michael Douglas und Sharon Stone ist umwerfend.

Filmszene aus Leben!

Platz 24

Leben!

Zhang Yimou | 1994 | China

Leben! entwirft eine viele Jahre umspannende Familiengeschichte mit empathisch gezeichneten Figuren, die diverse Schicksalsschläge überwinden müssen, und entwickelt aus dieser geerdeten Perspektive heraus ein Panorama der chinesischen Gesellschaft des 20. Jahrhunderts. So gelingt es Zhang Yimou, die großen politischen und gesellschaftlichen Umwälzungen unter Mao greifbar zu machen. Doch Leben! ist weit mehr als eine Geschichtsstunde – Zhangs Melodram bietet im Großen und im Kleinen besondere Momente, die auf einer spannenden Figurenentwicklung und mitreißenden Darstellerleistungen fußen.

Filmszene aus Leon - Der Profi

Platz 23

Léon – Der Profi

Luc Besson | 1994 | Frankreich

Nachdem Luc Besson mit dem großartigen Thriller Nikita für Furore gesorgt hatte, exportierte er den magischen Fatalismus des Cinéma du look nach Hollywood und drehte mit Léon – Der Profi einen Meilenstein der Neunziger Jahre. Als Thriller ist Léon stilsicher inszeniert, er besitzt einen hinreißenden Schurken (fantastisch: Gary Oldman) und packende Actionszenen. Die größte Stärke des Films liegt jedoch abseits der Genre-Elemente, in der Schilderung zweier verletzter Seelen, die einander heilen. Jean Reno und Natalie Portman spielen die zarte Beziehung zwischen den beiden ungleichen Protagonisten mit toller Chemie.

Filmszene aus Ronin

Platz 22

Ronin

John Frankenheimer | 1998 | USA

Altmeister John Frankenheimer drehte 1998 einen im besten Sinne altmodischen Thriller, der den Geist der Klassiker von Jean-Pierre Melville atmet. Ronin arbeitet sich konzentriert und schnörkellos durch klassische Genremotive und vereint dabei das amerikanische mit dem europäischen Kino – Ersteres liefert das Budget und die Stars, Letzteres das Gespür für die Grauzonen der Charaktere. Trotz der brachialen Action und mehrerer Verfolgungsjagden dominiert eine melancholische Stimmung, zu der das überzeugende Ensemble um Robert De Niro und Jean Reno entscheidend beiträgt.

Filmszene aus L.A. Confidential

Platz 21

L.A. Confidential

Curtis Hanson | 1997 | USA

Wie die Romanvorlage von James Ellroy huldigt auch die Filmversion dem Film Noir: L.A. Confidential siedelt eine komplexe Kriminalgeschichte in einer durch und durch verkommenen Welt an und begleitet drei gegensätzliche Polizisten (Russell Crowe, Guy Pearce, Kevin Spacey) bei den Ermittlungen. Die stimmungsvollen Bilder, die charismatischen Stars und die eloquenten Dialoge sorgen für einen hohen Unterhaltungswert, dennoch bewahrt sich der Film den Pessimismus der Schwarzen Serie – Helden gibt es hier keine, nur lauter Bad Cops in unterschiedlichen Ausprägungen.

Filmszene aus Kids

Platz 20

Kids

Larry Clark | 1995 | USA

Mit ihrem Debütfilm sorgten Regisseur Larry Clark und Drehbuchautor Harmony Korine für Kontroversen: Ihre Darstellung jugendlicher Umtriebe traf den Zeitgeist und schockte eine ganze Generation von Eltern. Kids zieht seine Wirkung aus einer großen Authentizität: Clark drehte mit Laiendarstellern und ließ diese viel improvisieren, was zu natürlichen Dialogen im Jugendslang führt. Dem Regisseur gelingt es, das Lebensgefühl der Jugendlichen einzufangen und kritisch zu hinterfragen, ohne pädagogisch auf sie herabzublicken – Kids bewegt sich stets auf Augenhöhe mit seinen Protagonisten und ist trotz abschreckender Szenen von großer Empathie geprägt.

Filmszene aus American Beauty

Platz 19

American Beauty

Sam Mendes | 1999 | USA

Sam Mendes schuf bereits mit seinem Debütfilm ein Meisterwerk: Die Tragikomödie American Beauty reißt die Fassade der amerikanischen Vorstadtidylle ein und unterzieht den American Dream einer kritischen Bestandsaufnahme. Obwohl der Film dafür zu beißender Ironie greift, bleibt er aufrichtig: Er nutzt zwar archetypische Figuren, gibt ihnen jedoch Herz und macht sich nie über sie lustig. Ihre verbalen Scharmützel dienen keinen billigen Gags, sondern kleiden pointierte Wahrheiten in ein tragikomisches Korsett. Dabei wird American Beauty von herausragenden Schauspielleistungen getragen – Kevin Spacey und Annette Bening waren selten besser.

Filmszene aus Crash

Platz 18

Crash

David Cronenberg | 1996 | Großbritannien, Kanada

J. G. Ballards Roman Crash, in dem Technologie die Figuren vom eigenen Menschsein entfremdet, galt ob seiner expliziten sexuellen Schilderungen als unverfilmbar. David Cronenberg nähert sich Ballards Text mit einem paradoxen Kunstgriff: Er kombiniert ein intimes Storytelling mit einer distanzierten Inszenierung. Weil der Regisseur auf Effekthascherei verzichtet und die kontroversen Elemente der Vorlage nicht ausreizt, zählt Crash zu den anspruchsvollsten Arbeiten des Kanadiers. Cronenberg schuf einen untergründigen Kunstfilm für mündige Zuschauer, der auch 25 Jahre nach seinem Erscheinen nichts von seiner verstörenden Faszination verloren hat.

Filmszene aus Nikita

Platz 17

Nikita

Luc Besson | 1990 | Frankreich

Nikita bedeutete den internationalen Durchbruch für Luc Besson, der das gefühlsbetonte Cinéma du look auf das Thriller-Genre anwandte und so einen Hybridfilm schuf, der Melodramatik mit brachialer Action kombiniert. Der Regisseur kleidet das Geschehen in eine raue Musikvideoästhetik und verstärkt damit den Eindruck des Unwirklichen. Dem gegenüber steht eine aufs Wesentliche reduzierte Erzählweise, die die Zeitebene aufbricht und die Figuren kaum charakterisiert – wir können ihr Tun und ihre Gefühle nie ganz einschätzen, womit sich Nikita eine spannende Unvorhersehbarkeit bewahrt.

Filmszene aus Bringing Out the Dead

Platz 16

Bringing Out the Dead

Martin Scorsese | 1999 | USA

23 Jahre nach Taxi Driver drehten Martin Scorsese und Paul Schrader ein weiteres New Yorker Einzelgängerporträt. Bringing Out the Dead handelt von einem Rettungssanitäter und schickt diesen Mann zwischen Leben und Tod durch mehrere Nachtschichten, die zunehmend surrealer geraten: New York wird von Geistern und Fast-Toten bevölkert, zahlreiche religiöse Motive laden den Film mit Bedeutung auf und Scorseses rauschhafte Inszenierung verwischt die Realität des Geschehens. Nicholas Cage liefert eine seiner besten Leistungen ab und erhält von den Nebendarstellern (John Goodman, Ving Rhames und Tom Sizemore) die bestmögliche Unterstützung.

Filmszene aus Short Cuts

Platz 15

Short Cuts

Robert Altman | 1993 | USA

In Short Cuts verbindet Robert Altman neun Kurzgeschichten Raymond Carvers zu einem episodischen Geflecht und erzählt dabei in drei Stunden das Leben des modernen Menschen. Der Ensemblefilm vereint mehr als ein Dutzend namhafter Darsteller und verweigert sich den Konventionen Hollywoods – er bemüht keine Dramaturgie und verzichtet darauf, die Episoden über einfache Botschaften miteinander zu verbinden. Stattdessen schildert er Banales und Erhabenes, die Unmöglichkeit menschlicher Kommunikation und die seltsame Beliebigkeit des Schicksals. Short Cuts ist so indifferent wie das Leben selbst – ein großer Film über uns kleine Menschen.

Filmszene aus Hana-Bi

Platz 14

Hana-Bi

Takeshi Kitano | 1997 | Japan

Hana-Bi ist das Meisterstück von Takeshi Kitano und bringt die vielfältigen Facetten des japanischen Autorenfilmers zusammen. Der Film vereint blutige Gewalteruptionen, einen lakonischen Humor und große Gefühle, die sich in Kitanos stoischen Gestus verbergen. Der Werdegang seines körperlich und seelisch zerrütteten Protagonisten ist von einer stilisierten, dialogarmen Inszenierung geprägt. Sie verleiht dem Film etwas Meditatives, betont aber auch dessen Fatalismus – die Tragik von Hana-Bi liegt darin, dass die unglücklichen Ereignisse vorhergesehen, aber nicht mehr abgewendet werden können; seine zarte Schönheit gewinnt der Film, weil es sein Antiheld auch gar nicht versucht.

Filmszene aus Eyes Wide Shut

Platz 13

Eyes Wide Shut

Stanley Kubrick | 1999 | USA

Der letzte Film von Stanley Kubrick nutzt Arthur Schnitzlers Traumnovelle für eine intime Bestandsaufnahme menschlicher Beziehungen. Getragen von der Chemie des damaligen Ehepaares Tom Cruise und Nicole Kidman, spürt Eyes Wide Shut den unterbewussten Sehnsüchten und Abgründen seiner Protagonisten nach. Dabei lässt er sich selbst nie ganz fassen und erreicht einen traumartigen Zustand: Das Geschehen befindet sich stets in der Schwebe, Möglichkeiten und Gefahren könnten sich ergeben oder waren nie vorhanden, die Bedeutung beiläufiger Dialoge bleibt unklar. Kubricks Vermächtnis bietet elegische Filmkunst, so offen und gleichzeitig in sich geschlossen wie ein Gedicht.

Filmszene aus Harry außer sich

Platz 12

Harry außer sich

Woody Allen | 1997 | USA

Harry außer sich zählt zu den Höhepunkten in Woody Allens Filmografie und bringt alle Facetten des Regisseurs zusammen – vom Slapstick der Anfangszeit bis zu den Bezügen zu filmischen Vorbildern. Wie gewohnt unternimmt Allen eine kritische Bestandsaufnahme von menschlichen Beziehungen, der Religion und der Suche nach dem Lebenssinn. Allerdings nähert sich der Regisseur diesen Themen in Harry außer sich nicht wie gewohnt mit leichtfüßigem Humor, sondern so zynisch und gallig wie in keinem anderen Werk. Die boshaften Dialoge und der respektlose Witz offenbaren eine neue Dimension in Allens Schaffen und bleiben nachdrücklich im Gedächtnis.

Filmszene aus Cure

Platz 11

Cure

Kiyoshi Kurosawa | 1997 | Japan

Kiyoshi Kurosawas Geniestreich Cure treibt einen Mordermittler und einen Arzt an den Rand des Wahnsinns und erinnert dabei an Sieben oder Das Schweigen der Lämmer. Durch das niedrige Tempo erhält die mysteriöse Stimmung eine besondere Schwere. Über weite Strecken sorgt nur die wummernde Tonspur für finsteres Flair – wie so oft bei Kurosawa bleiben die Bilder schmucklos, doch gerade darin liegt der Reiz: Kleine Brüche schleichen sich in die vermeintliche Realität, bis die Normalität nur noch die Fassade bildet, hinter der die Welt längst auseinandergebrochen ist. Das konsequente Finale erhebt Cure endgültig zum Genre-Meilenstein.

Filmszene aus Humanität

Platz 10

Humanität

Bruno Dumont | 1999 | Frankreich

Ein Sexualmord in einer Kleinstadt bildet den erzählerischen Rahmen von Humanität, doch wie so oft dekonstruiert Bruno Dumont ein Genre. Hier formt er aus einem Kriminalfilm eine existenzielle Zustandsbeschreibung des ermittelnden Polizisten. Mit quälender Langsamkeit beobachtet Dumont den meist stummen, meist passiven Protagonisten, um hinter der regungslosen Mine eine gärende Entwicklung hervorzubringen. Das Innenleben der Hauptfigur findet ihre Entsprechung in der nihilistischen Welt um sie herum: Inmitten der tristen, erstarrten Bilder erscheint ein Miteinander für die Menschen unmöglich.

Filmszene aus Europa

Platz 9

Europa

Lars von Trier | 1991 | Dänemark

Der Abschluss von Lars von Triers Europa-Trilogie ist ein wunderliches Kleinod, das es zu entdecken lohnt. Der Regisseur etabliert ein kafkaeskes Nachkriegsdeutschland und schubst einen jungen Eisenbahnschaffner zwischen die Fronten einer Verschwörung. Daraus zieht Europa eine präsente Paranoia und einen ungewöhnlichen Tonfall: Er kreuzt eine bedrohliche Stimmung mit latentem Humor, ohne uns in die Hintergründe des Plots oder der Pointen einzuweihen. Neben den spielfreudigen Darstellern überzeugt von Triers Werk durch eine ausgeprägte Stilisierung, insbesondere der Einsatz altmodischer Rückprojektionen verleiht Europa einen besonderen Charme.

Filmszene aus Lost Highway

Platz 8

Lost Highway

David Lynch | 1997 | USA

In Lost Highway verwebt David Lynch zwei Albträume miteinander und entfesselt eine surreale Tour de Force, die sich als lose Variation von Goethes Faust lesen lässt. Lynch baut den Plot aus postmodern abstrahierten Film Noir-Versatzstücken zusammen und bevölkert ihn mit abstrusen Figuren wie dem ikonischen Mystery Man. Indem der Regisseur erzählerische Konventionen aufbricht und sein Werk auf die musikvideoartigen Bildcollagen und die unheilvolle Musik von Trent Reznor ausrichtet, nimmt er uns die Ratio und zwingt uns zu einer unterbewussten Auseinandersetzung. So bietet Lost Highway einen faszinierenden Trip in die Abgründe des Horrorkinos.

Filmszene aus The Minus Man

Platz 7

The Minus Man

Hampton Fancher | 1999 | USA

The Minus Man besetzt ausgerechnet Sunnyboy Owen Wilson als Serienkiller. Der Film des Blade Runner-Autors Hampton Fancher bricht mit sämtlichen Genre-Konventionen: Er verzichtet auf blutige Spannungsszenen und typische Plot Points und etabliert stattdessen einen meditativen Tonfall und sanfte Sonnenscheinbilder. Obwohl sich Wilsons Killer uns Zuschauern gegenüber öffnet, bleibt er ein Mysterium, sodass sich The Minus Man zu einem faszinierenden Porträt eines Phantoms entwickelt, dessen freundliche Fassade eine eisige Kälte und psychologische Untiefen verdeckt.

Filmszene aus Perfect Blue

Platz 6

Perfect Blue

Satoshi Kon | 1997 | Japan

Mit seinem Debütfilm Perfect Blue legte Satoshi Kon einen herausragenden Psychothriller vor, dessen Protagonistin zunehmend den Bezug zur Realität und zu ihrer Identität verliert. Nicht nur mit seiner Heldin, auch mit uns Zuschauern treibt der Animationsfilm für Erwachsene ein perfides Spiel: Er konfrontiert uns mit Déjà-vus, Träumen und einem Film im Film, bis sich die vielen Ebenen des Plots nicht mehr auseinanderdividieren lassen. Dabei fährt Kons Vexierspiel immer wieder neue Überraschungen auf und bleibt bis zur letzten Szene spannend.

Filmszene aus Pulp Fiction

Platz 5

Pulp Fiction

Quentin Tarantino | 1994 | USA

1994 drehte Quentin Tarantino den emblematischen Film der Neunziger Jahre: Mit Pulp Fiction huldigt er der Selbstreferenzialität der Nouvelle Vague und formte aus drei lässig ineinander verschachtelten Kriminalgeschichten ein postmodernes Meisterwerk. Tarantino spielt mit den Regeln und Figuren des Genres, nutzt eine Vielzahl filmischer Zitate und lässt seine Figuren in kunstvollen Dialogen über banale Dinge schwadronieren. Die zum Markenzeichen avancierte Musikauswahl und ein bestens aufgelegtes Ensemble runden den modernen Klassiker ab.

Filmszene aus Sieben

Platz 4

Sieben

David Fincher | 1995 | USA

David Finchers Meilenstein Sieben lässt mehrere Genres kulminieren: In seinem Porträt polizeilicher Ermittlungen zählt er zum Kriminalfilm, die düstere Schwere erinnert an den Film Noir, die Spannungsszenen würden jedem Thriller zur Ehre gereichen und die religiös unterfütterten Bluttaten wenden sich dem Horrorkino zu. Fincher verbindet die Motive zu einem in sich geschlossenen Kunstwerk, das auf einem herausragenden Drehbuch, einer effektvollen Inszenierung und starken Schauspielern fußt. Die Konsequenz des schockierenden Finales sucht im US-Kino seinesgleichen.

Platz 3

Mann beißt Hund

Rémy Belvaux, Benoît Poelvoorde, André Bonzel | 1992 | Belgien

Der belgische Skandalfilm Mann beißt Hund begleitet einen gewohnheitsmäßigen Mörder durch seinen Alltag und wählt dafür die Form einer Mockumentary. Anhand der dokumentarischen Aufmachung bindet uns die Satire eng an den Protagonisten (brillant: Benoit Poolvorde), der sich als geborener Selbstdarsteller erweist und seine Morde mit Charme und Witz auflockert. Der schwarze Humor bleibt uns aufgrund des drastischen Geschehens regelmäßig im Halse stecken, wodurch Mann beißt Hund unsere Sensationsgier spiegelt und sich kritisch mit der Unmöglichkeit objektiver Medien auseinandersetzt. Mit einfachsten Mitteln gelang den drei Beteiligten ein subversives Meisterwerk.

Platz 2

Matrix

Lana & Lilly Wachowski | 1999 | USA

Matrix definiert das Nonplusultra für das Blockbusterkino seiner Zeit und besticht durch eine Vielzahl von Einflüssen, die dem Film eine für das Genrekino unübliche Tiefe verleihen. Die Wachowski-Schwestern bedienen sich bei den Klassikern der Science-Fiction-Literatur, philosophischen und religiösen Texten sowie filmischen Vorläufern, um eine faszinierende Welt zu etablieren. Trotzdem kommt die Action nicht zu kurz: Die Kombination des furiosen Hongkong-Kinos mit der Tricktechnik Hollywoods führt zu spektakulären Szenen und einem hohen Unterhaltungswert.

Platz 1

Fight Club

David Fincher | 1999 | USA

Mit Fight Club gelang David Fincher eine meisterhafte Adaption des Erfolgsromans von Chuck Palahniuk. Der Film trifft den hypnotisierenden Rhythmus der Vorlage und ihren untergründigen Humor, übernimmt die pointierten Dialoge und übersetzt den literarischen Stil auf geniale Weise in filmische Mittel. Finchers Inszenierung entfesselt den Plot regelrecht und erhält doch dessen Essenz: Die toxische Selbstermächtigung junger Männer, die ihr Abgehängtsein feiern und dem Kapitalismus den Krieg erklären, entwickelt sich bei Fincher noch stärker als in der Vorlage zu einer abseitigen Parallelgesellschaft. Die erzählerische und visuelle Qualität von Fight Club reicht dabei weit über das berühmte Ende der Geschichte hinaus.

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