Die Außenseiterbande

Ein Film von Jean-Luc Godard

Genre: Drama

 | Strömung: Nouvelle Vague

 | Erscheinungsjahr: 1964

 | Jahrzehnt: 1960 - 1969

 | Produktionsland: Frankreich

 

Mit Die Außenseiterbande fügte Jean-Luc Godard der Nouvelle Vague ein essenzielles Werk hinzu. Der Regisseur verlegt eine amerikanische Kriminalgeschichte nach Paris und bricht den Stoff durch eine postmoderne Herangehensweise auf.

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Filmkritik:

Die titelgebende Außenseiterbande, das sind die beiden Taugenichtse Arthur und Franz sowie die junge Odile. Ihre ménage à trois wandelt sich zu einer Komplizenschaft: Als die beiden Männer von einem großen Bargeldvorrat in der Villa von Odiles Tante erfahren, planen sie einen Überfall.

Ein Kriminalfilm ist Die Außenseiterbande dennoch nicht, Godard nutzt das Genre lediglich als thematischen Hintergrund. Der Regisseur transponiert die von ihm geschätzten amerikanischen Film Noirs zu einer abstrakten französischen Variation. Im Gegensatz zu den Vorbildern spielt die Beschreibung des Milieus oder der Figuren nur eine untergeordnete Rolle, Godard erschließt die Motive postmodern.

Dieser für die Nouvelle Vague typische Ansatz skizziert die inhaltlichen Motive grob und typenhaft, weil es ohnehin typische Kino-Tropen sind, die wir Zuschauer kennen. Gemäß dem Ideal der französischen Strömung erzählt Die Außenseiterbande eine dedizierte Kino-Geschichte, die in erster Linie andere Kino-Geschichten kommentiert und variiert.

Folgerichtig steht nicht das Verbrechen, sondern der Weg dorthin im Fokus. Die Protagonisten vertreiben sich zwei Tage lang die Zeit und geben Godard die Gelegenheit, mit ironischen Brüchen und kreativen Ideen zu spielen.

So beschließen die Figuren beispielsweise, eine komplette Minute lang zu schweigen, wofür Godard den Ton abdreht; sie wagen einen Weltrekordlauf durch den Pariser Louvre; sie legen spontan einen (von Luchino Viscontis Weiße Nächte inspirierten?) Tanz aufs Parkett, der wiederum Pate für Pulp Fiction stand. Nouvelle Vague-Fan Quentin Tarantino benannte seine Produktionsfirma A Band Apart nach Bande à part, dem Originaltitel von Die Außenseiterbande.

Besonders prägnant ist das von Godard selbst eingesprochene Voice-over, mit dem der Regisseur dem Film Noir huldigt und dem Geschehen eine zweite Ebene verleiht. Die externe Kommentierung verdeutlicht die Prämisse der Nouvelle Vague, dass ein Regisseur nicht unsichtbar bleiben sollte.

Das bringt in manchen Szenen einen konkreten Mehrwert, etwa wenn Godard uns mitteilt, was die Figuren denken, während wir ihnen beim Schweigen zusehen. Allerdings verstärkt dieses Stilmittel auch die Distanz zum Geschehen und vermindert damit einige Stärken des Films. Die tristen Pariser Vororte, die ziellosen Protagonisten und – wie so oft bei Godard – ihre Sehnsucht nach einer utopischen Freiheit hätten einiges über den Zeitgeist zu sagen, bleiben aber lose Ansätze. Auch die Beziehungen zwischen den Figuren werden behauptet, aber nie belegt.

Indem Die Außenseiterbande seinen thematischen Kern einer allgemeinen Leichtigkeit opfert, balanciert er oft am Rand der Beliebigkeit. Godards Herangehensweise erschien 1964 ungeheuer modern, sein Werk hat sich jedoch nicht so zeitlos gehalten wie manch anderer Vertreter der Nouvelle Vague. Dennoch eignet sich Godards siebte Arbeit durchaus zum Einstieg in die französische Strömung, weil sie viele typische Merkmale beinhaltet.

★★★☆☆☆

Jean-Luc Godard

Mit seinem Debütfilm Außer Atem schrieb Jean-Luc Godard Kinogeschichte und setzte die Nouvelle Vague in Gang. Der ehemalige Filmkritiker prägte das Medium Film nachhaltig: Seine postmoderne Erzählweise und innovativen Inszenierungen, seine beißende Gesellschaftskritik und Essayfilme wurden bewundert, diskutiert und kopiert. Allein in den Sechziger Jahren drehte Godard 15 Werke, die inzwischen fest zum Kanon der Filmgeschichte gehören.

Nouvelle Vague

Die Nouvelle Vague wischte die altmodischen “Filme der Väter” beiseite und entwickelte das moderne Kino. Erstmals beschäftigten sich Filme selbstreferenziell mit sich selbst, anstatt lediglich Geschichten mit Bildern zu erzählen. Mit der Generalüberholung von Inszenierung, Schnitt und Erzählweise legte die Nouvelle Vague die Grundlagen unserer heutigen postmodernen Filme, Musikvideos und Werbespots.