Eine verheiratete Frau

Ein Film von Jean-Luc Godard

Genre: Drama

 | Strömung: Nouvelle Vague

 | Erscheinungsjahr: 1964

 | Jahrzehnt: 1960 - 1969

 | Produktionsland: Frankreich

 | Gattung: Essayfilm

Nachdem Jean-Luc Godard mit Die Verachtung einen gelungenen, aber untypischen Film drehte, kehrte er mit Eine verheiratete Frau wieder in sein gewohntes Arbeitsfeld zurück: Wie schon mehrmals zuvor steht eine Frau im Mittelpunkt einer nur sporadisch formulierten Handlung, in Szene gesetzt in schönen Schwarz-Weiß-Bildern von Raoul Coutard.

Copyright

Filmkritik:

Fragmente aus 24 Stunden im Leben einer verheirateten Frau zeigt uns Godard und setzt dabei mehr noch als in seinen vorherigen Werken auf eine essayistische Form. Wir sehen, wie sie Zeit mit ihrem Ehemann verbringt und mit einem Liebhaber, in einem Café sitzt oder mit ihrer Haushälterin diskutiert. Der Regisseur, der in der Regel ohne konventionelles Drehbuch drehte, kommentiert dies hauptsächlich über die Bildebene und gibt die Gedanken seiner Protagonisten Charlotte in einem geflüsterten Voice-Over an das Publikum weiter.

Vor allem überzeugt Eine verheiratete Frau als sinnlicher, körperlicher Film, der trotz der beobachtenden Distanz des Zuschauers zu Charlotte eine gewisse Intimität aufbaut, wenn sich die Kamera minutenlang auf Charlottes Körper konzentriert, ihre Hände, ihren Rücken und ihre Beine in Großaufnahme zeigt und damit an die berühmte Anfangssequenz von Alain Resnais‘ Hiroshima mon amour erinnert.

Eine verheiratete Frau erweist sich letztlich als ein im positiven Sinne typischer Film von Godard. Er verzichtet auf eine ausformulierte Handlung zugunsten einer assoziativen Bildsprache, die Inhalte und Bedeutungen suggeriert und von einer oft asynchronen oder zumindest außerhalb des Bildes stattfindende Tonebene unterstützt wird. Dank der wunderbaren Bilder von Raoul Coutard und den guten Darstellern gelingt es Eine verheiratete Frau trotz seiner fragmentarischen Erzählweise, ein nachfühlbares Porträt seiner Hauptfigur zu zeichnen.

★★★☆☆☆

Jean-Luc Godard

Mit seinem Debütfilm Außer Atem schrieb Jean-Luc Godard Kinogeschichte und setzte die Nouvelle Vague in Gang. Der ehemalige Filmkritiker prägte das Medium Film nachhaltig: Seine postmoderne Erzählweise und innovativen Inszenierungen, seine beißende Gesellschaftskritik und Essayfilme wurden bewundert, diskutiert und kopiert. Allein in den Sechziger Jahren drehte Godard 15 Werke, die inzwischen fest zum Kanon der Filmgeschichte gehören.

Nouvelle Vague

Die Nouvelle Vague wischte die altmodischen “Filme der Väter” beiseite und entwickelte das moderne Kino. Erstmals beschäftigten sich Filme selbstreferenziell mit sich selbst, anstatt lediglich Geschichten mit Bildern zu erzählen. Mit der Generalüberholung von Inszenierung, Schnitt und Erzählweise legte die Nouvelle Vague die Grundlagen unserer heutigen postmodernen Filme, Musikvideos und Werbespots.