Neu im Handel

Mandabi

Mit einer neuen Veröffentlichung eröffnet Arthaus eine hervorragende Möglichkeit, das afrikanische Kino zu entdecken. Die senegalesische Satire Mandabi zählt zu den wichtigsten Klassikern des Kontinents und steht nun in einer exzellenten Edition zur Verfügung.

Die Rubrik Neu im Handel stellt die beachtenswertesten Neuerscheinungen vor. Kennzeichnung: Filmsucht.org erhält Rezensionsexemplare.

Der Film

Den Ausgangspunkt von Mandabi bildet eine Geldüberweisung an den arbeitslosen Ibrahima Dieng – ein Neffe in Frankreich schickt 25.000 Francs zur Aufbewahrung, 2.000 davon darf Dieng für sich behalten. Doch um an das Geld zu gelangen, muss er bürokratische Hürden überwinden, die zu immer neuen Hürden führen.

Währenddessen spricht sich sein vermeintlicher Reichtum herum – Freunde, Ladenbesitzer, Priester und Betrüger stürzen sich auf Dieng und fragen nach Darlehen, Kreditrückzahlungen und Spenden. Das Geld, das Dieng nicht hat, stürzt ihn in den Ruin.

Als der Senegal die Unabhängigkeit erlangte, gab es dort keinerlei Filmindustrie – die französische Regierung hatte einheimische Produktionen per Dekret untersagt. Der Schriftsteller Ousmane Sembène sah im Kino die Möglichkeit, eine breitere Gesellschaftsschicht anzusprechen, lernte das Handwerk in Moskau und avancierte anschließend zum Geburtshelfer des afrikanischen Kinos.

Seinen ersten Film, das bedrückende Drama Black Girl, drehte er noch auf Französisch, mit Mandabi folgte die erste Produktion in Wolof und somit der erste Film von Senegalesen für Senegalesen. Sembène war nicht nur ein Pionier, sondern auch ein versierter Filmemacher, der den Mantel einer leichtfüßigen Satire nutzt, um auf komplexe Weise die koloniale Vergangenheit und die daraus resultierende gesellschaftliche Zerrissenheit Senegals zu illustrieren.

Das gelingt Sembène ausgezeichnet – Mandabi erzählt mit wirkungsvoller Ironie und lässt diese immer wieder in hilflose Bitterkeit umschlagen. Sembènes Tragikomödie biete viele Ansätze für eine tiefgehende Auseinandersetzung und bleibt aufgrund der universellen Themen zeitlos.

Filmszene aus Mandabi

Die Veröffentlichung

Die Blu-ray-Edition von Arthaus ist seit dem 24.6. erhältlich und überzeugt auf ganzer Linie.

Die Bildqualität überzeugt und weist dank der aufwendigen Restauration keine Verschmutzungen und Defekte mehr auf. Beim Ton bietet die Blu-ray eine alte deutsche DEFA-Synchronisation sowie den Originalton mit deutschen Untertiteln.

Bei einem Film wie diesem kommt dem Bonusmaterial eine wichtige Rolle zu, um die kulturellen und politischen Hintergründe einzuordnen. Die Edition von Arthaus erfüllt auch in diesem Punkt alle Ansprüche und besitzt sogar mehr Zusatzmaterial als die amerikanische Blu-ray der renommierten Criterion Collection.

Sowohl der Audiokommentar als auch die Features „A Date with Dakar – Rückblick auf einen Sembène Klassiker“ und „Eine senegalesische Geschichte: Mandabi und die Geburtsstunde des westafrikanischen Kinos“ informieren ausführlich über den Werdegang von Ousmane Sembène, die Motive des Filmemachers und die Bedeutungsebenen von Mandabi.

Außerdem dabei: Ein Interview mit Ousmane Sembènes Sohn Alain Sembène, der persönliche Erinnerungen und Anekdoten teilt, sowie ein Gespräch zwischen Autor Boubacar Boris Diop und Soziologin Marie-Angèlique Savanè, die den Zeitgeist und die politischen Entwicklungen des Senegals in den Sechziger Jahren erläutern.

Abgerundet wird die Blu-ray durch ein Booklet mit einem Essay des Sembène-Experten David Murphy.

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