In the Mood for Love

Ein Film von Wong Kar-Wai

Genre: Liebesfilm

 

 | Erscheinungsjahr: 2000

 | Jahrzehnt: 2000 - 2009

 | Produktionsland: Hongkong

 

In In the Mood for Love trieb Wong Kar-Wai seinen Stilwillen auf die Spitze: Der Regisseur inszeniert ein in losen Episoden erzähltes Liebesdrama als melancholischen Bilderrausch und liefert ein Paradebeispiel für die Kunst des visuellen Erzählens. Sein Werk zählt inzwischen zu den renommiertesten Filmen des 21. Jahrhunderts.

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Filmkritik:

In the Mood for Love erzählt von zwei Nachbarn, die durch einen Zufall herausfinden, dass ihre Ehepartner eine Affäre miteinander haben. In der Folge leisten die von Maggie Cheung und Tony Leung gespielten Protagonisten einander Gesellschaft und spüren bald ebenfalls eine gegenseitige Anziehung. Da sie nicht auf das Niveau ihrer betrügerischen Partner sinken wollen, halten sie ihr Verhältnis jedoch platonisch und bleiben gemeinsam einsam.

Die große Kunst von Wong Kar-Wai zeigt sich in diesem Film darin, Seelenzustände erfahrbar zu machen. Auf der Handlungsebene von In the Mood for Love spielt sich wenig ab: Wir erleben eine amouröse Beziehung, die unsichtbar bleibt – weder Kuss noch Körperlichkeit finden statt, die erotischste Annäherung des Paares ist eine spontane Berührung ihrer Hände. Dementsprechend handelt der Film nicht vom Tun der Figuren und produziert keine Handlung, viel mehr leitet er uns dazu an, in das Innenleben der Figuren einzutauchen.

Statt eines konventionellen Plots entwirft Wong eine Melange aus Stimmungen, die nicht über das Drehbuch, sondern über Bilder transportiert werden. Er erklärt seine Figuren nicht über ausufernde Dialogpassagen, sondern primär über ihre Positionierung im Bild, die Lichtsetzung und die Farben der Dekors. Die visuelle Pracht, die Wong mit seinem Stammkameramann Christopher Doyle erzeugt, ist über jede Textgebundenheit erhaben; In the Mood for Love beweist die Kraft visuellen Erzählens und steht für Kino in seiner pursten Form.

Sein Faible für visuelle Stilisierungen bewies der Regisseur bereits zu Beginn seiner Karriere mit dem Debüt As Tears Go By (einer freien Adaption von Martin Scorseses Hexenkessel) und seinem zweiten Film Days of Being Wild. Später – in Chungking Express und Fallen Angels – arbeitete Wong dann auch mit erzählerischen Stilisierungen und ließ das Geschehen episodenhaft mäandern.

Mit In the Mood for Love ging Wong den entscheidenden künstlerischen Schritt weiter und fand eine filmische Form, die sowohl die visuelle als auch die erzählerische Stilisierung zusammenfügte. Die atemberaubenden Bilder vermitteln eine Kohärenz, die der Film streng genommen gar nicht besitzt – die Episodenhaftigkeit wird ebenso kaschiert wie die narrativen (Zeit-)Sprünge. Das Geschehen wirkt wie aus einem Guss, obwohl es aus fragmentarisch angeordneten Episoden besteht, was dem Film eine zusätzliche Komplexität verleiht.

Die Art der Inszenierung resultiert aus der untypischen Arbeitsweise Wongs, der seine Filme erst in der Postproduktion entwirft. Anstatt Szenen im Voraus durchzuplanen, Storyboards anzufertigen und diese dann abzufilmen, arbeitet Wong am Set ergebnisoffen, mit spontanen Ideen und improvisierten Szenen. Erst am Schneidetisch wird das Material gesichtet und wie ein Puzzle zusammengesetzt, wodurch In the Mood for Love seine unorthodoxe Erzählform erhält.

Dabei erzeugt Wong eine für ihn typische Stimmung – eine romantische Schwermütigkeit, die sich besonders im Ort der Handlung widerspiegelt. In the Mood for Love ist auch Liebeserklärung an ein lange vergangenes Hongkong (des Jahres 1962), obwohl der Film den Schauplatz durchaus kritisch konnotiert. Die Wohnsituation und die Moral der Sechziger Jahre verhindern jegliche Intimität schon im Ansatz – die beiden Freunde können sich nicht in ihren Wohnungen besuchen, ohne Gerüchte zu produzieren.

Die ganze Situation ist unmöglich; schließlich mieten sich Li-shen und Mo-wan sogar ein Hotelzimmer, um ungestört miteinander reden zu können. Allerdings tragen die hinderlichen Umstände dazu bei, dass die beiden ihre Beziehung noch stärker wertschätzen, und In the Mood for Love verleiht ihrer platonischen Beziehung durch diesen Hauch von Heimlichkeit eine sinnliche Note.

Dabei ist von Anfang an klar, dass ihre Liaison ergebnislos enden muss, zumindest vorerst, in diesem Film. Doch so wie Wong Kar-Wai Chungking Express mit Fallen Angels fortsetzte, ergänzte er In the Mood for Love vier Jahre später durch den Epilog 2046, der allerdings nur lose Bezüge aufweist und nicht die Magie des Vorgängers erzeugt.

Deshalb bleibt In the Mood for Love der Kulminationspunkt der Vorlieben und Einflüsse Wong Kar-Wais sowie der Kamerakunst Christopher Doyles, ein Film voller stiller Grazie, getragen von der Eleganz von Maggie Cheung und dem Charme von Tony Leung.

★★★★☆☆