Die Zeit mit Monika

Ein Film von Ingmar Bergman

Genre: DramaLiebesfilm

 

 | Erscheinungsjahr: 1953

 | Jahrzehnt: 1950 - 1959

 | Produktionsland: Schweden

 

In Die Zeit mit Monika führte Ingmar Bergman eine Reihe von eher leichteren Filmen fort, die im Sommer angesiedelt sind. Der Coming-of-Age-Film nutzt die Jahreszeit als Sinnbild jugendlicher Freiheit, die zwangsläufig enden muss, er ist Liebesfilm und Drama zugleich.

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Diese Kritik ist Teil einer langfristigen Retrospektive zu Ingmar Bergman. Alle Infos dazu sind hier zu finden.

Filmkritik:

Bergmans Film schildert eine erste große Liebe: Der 19-jährige Harry und die 17-jährige Monika hadern mit ihren Lebensverhältnissen in Stockholm und brennen gemeinsam durch. Sie verbringen einen malerischen Sommer auf dem Boot von Harrys Vater und leben ihre Freiheit auf einer menschenleeren Ostseeinsel aus. Doch der Sommer muss enden und die beiden Jungverliebten werden nicht umhinkommen, sich mit ihrer Zukunft auseinanderzusetzen.

Nach Einen Sommer lang siedelte Ingmar Bergman ein weiteres Mal einen Liebesfilm im schwedischen Sommer an. Auch in Die Zeit mit Monika nimmt die Sommerromanze den zentralen Teil der Erzählung ein, während Anfang und Ende des Films in Stockholm spielen und den idyllischen Mittelteil kontrastieren.

Kalt und trist zeichnet Bergman die Großstadt, die Flucht der beiden Protagonisten erscheint nachvollziehbar. Wie in späteren Arbeiten des Regisseurs scheint die Umgebung das Innenleben der Figuren zu spiegeln: Hier stecken sie oft in beengten Innenräumen fest. Im Vergleich dazu wirkt das Leben auf der sonnenbeschienenen Ostseeinsel wie das Paradies: Bergman und sein Kameramann Gunnar Fischer finden leuchtende Naturbilder und filmen das Geschehen immer wieder aus der Distanz, was die Freiheit von Harry und Monika betont.

Die Dreharbeiten auf der Insel Örnö verliefen für das kleine Team ebenso idyllisch wie für die Figuren. Selbst als sie am Ende des dreiwöchigen Drehs feststellen mussten, dass das Negativ zerkratzt und die Arbeit umsonst gewesen war, blieb die Enttäuschung verhalten. Das Team genoss den Aufenthalt auf Örnö so sehr, dass es den Dreh gut gelaunt wiederholte und drei weitere Wochen auf der Insel blieb.

Zur besonderen Stimmung trug auch die Affäre zwischen Ingmar Bergman und der jungen Monika-Darstellerin Harriet Andersson bei, die in den folgenden Jahrzehnten zum Stammensemble des Regisseurs gehören sollte. Im Verlauf des Wiederholungsdrehs erkannte der Regisseur, dass es „nie ein Mädchen in schwedischen Filmen gegeben hat, das mehr ungehemmten erotischen Charme ausstrahlte“.

Bergman erlag der Versuchung und fügte Harriet Andersson einer langen Reihe von teils problematischen Frauengeschichten hinzu. Man tut gut daran, nicht jeden biografischen Auswuchs eines Künstlers mit seinem Werk in Verbindung zu bringen, als wäre dieser nicht in der Lage, Leben und Kunst zu trennen. Dennoch ergibt sich aus Bergmans privaten Umständen eine Deutung für Die Zeit mit Monika:

Durch die Flucht in ihre Utopie entziehen sich Harry und Monika den alltäglichen Zwängen, Kollateralschäden nehmen sie in Kauf. Die beiden wissen um das Verfallsdatum ihres Eskapismus, ihr Umgang mit diesem ist jedoch grundverschieden. Die erste Liebesbeziehung macht Harry zum Mann, er geht gestärkt aus ihr hervor und ist bereit, sich seiner künftigen Verantwortung zu stellen. Monika bleibt hingegen in der Adoleszenz verhaftet. Im Lauf des Films wird sie ihre mangelnde Reife beweisen und die Beziehung in den Konflikt stürzen.

Daher lässt sich Die Zeit mit Monika mit seinem grundlegenden Dilemma zwischen Eskapismus und Verantwortung als Beschreibung von Bergmans Innenleben lesen, das zwischen Harrys und Monikas Stimmen hin- und hergerissen ist. Schon in jungen Jahren scheiterten mehrere Ehen, auch aufgrund von Bergmans Seitensprüngen, was den Regisseur auch finanziell belastete. Die Unterhaltskosten erhöhten den Arbeitsdruck auf den ohnehin schon mit sich hadernden Künstler, der den Belastungen entfloh, indem er sich in die nächste Affäre stürzte – ein Teufelskreis.

Im Film verlaufen die Konflikte jedoch eher oberflächlich, auch die Figuren sind nicht besonders stark ausgearbeitet. Die Zeit mit Monika konzentriert sich ganz auf die sommerliche Stimmung und die Präsenz von Harriet Andersson. Der künstlerische Eigensinn, der Bergmans spätere Werke auszeichnet, ist nur in Details zu sehen. Bemerkenswert ist vor allem eine Szene, in der Andersson für einen Moment direkt in die Kamera schaut – 1953 ein unerhörter Bruch der vierten Wand.

Die Zeit mit Monika zieht letztlich ein ernüchterndes Fazit: Die Flucht der Protagonisten muss zwangsläufig in einer Niederlage enden, die Welt zieht sie wieder zurück in ihre Fänge aus Normen und Zwängen. Vordergründig mag das unreife Handeln von Monika die Niederlage besiegeln, doch vielleicht sollten wir sie dafür nicht verurteilen. Während Harry bereit ist, die Utopie für die bürgerliche Sicherheit aufzugeben, wehrt sich Monika bis zum Ende gegen die Konformität und sucht ein Leben nach ihren eigenen Maßstäben.

Indiskutabel ist hingegen die Interpretation des amerikanischen Verleihers, der den Film unter dem Titel Monika, the Story of a Bad Girl in einer sinnentstellten Version in die Kinos brachte, wobei das Marketing gewagte Nacktszenen andeutete. In Europa schockte die ungezwungene Darstellung Monikas niemanden, zumal Arne Mattssons ähnlicher, zwei Jahre zuvor veröffentlichter Sie tanzte nur einen Sommer deutlich zeigefreudiger war.

In Europa – insbesondere in Frankreich – kam Die Zeit mit Monika gut an: François Truffaut und Jean-Luc Godard lobten den Film überschwänglich. Nicht von ungefähr ließ Truffaut seinen Protagonisten in Sie küssten und sie schlugen ihn ein Foto von Harriet Andersson aus einem Kinoschaufenster stehlen. Der große Durchbruch für Ingmar Bergman ließ nicht mehr lange auf sich warten: Zwei Jahre später gewann Das Lächeln einer Sommernacht den Spezialpreis in Cannes.

★★★☆☆☆

Ingmar Bergman

In seinen rund 50 Filmen erforschte Ingmar Bergman die dunklen Seiten der menschlichen Psyche – Sex und Tod, Glaube und Hass nehmen zentrale Plätze im Schaffen des Schweden ein. Die düsteren Bilder unterstreichen diese Themenwahl nachhaltig und vermitteln oft eine Stimmung existenzieller Krisen. 1997 erhielt Bergman bei den Filmfestspielen in Cannes einen Sonderpreis als „bester Regisseur aller Zeiten“.

Drama

Der Dramabegriff dient als Auffangbecken für Filme, die sich keinem spezifischerem Genre zuordnen lassen. Dementsprechend viele Schattierungen ergeben sich: vom Sozial- über das Gesellschaftsdrama, das Melodram und die Tragikomödie. Die Gemeinsamkeiten dieser Subgenres liegen in realistischen, konfliktreichen Szenarien und einer Konzentration auf die Figuren.