Das Lächeln einer Sommernacht

Ein Film von Ingmar Bergman

Genre: Komödie

 

 | Erscheinungsjahr: 1955

 | Jahrzehnt: 1950 - 1959

 | Produktionsland: Schweden

 

Ausgerechnet eine aus Verlegenheit gedrehte Komödie brachte Ingmar Bergman den Durchbruch: Das Lächeln einer Sommernacht ruft zum Kampf der Geschlechter und verpackt diesen als ironischen Reigen der Eitelkeiten und Eifersüchte. Dabei vereint der Film einen hohen Unterhaltungswert mit typischen Motiven des Regisseurs.

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Diese Kritik ist Teil einer langfristigen Retrospektive zu Ingmar Bergman. Alle Infos dazu sind hier zu finden.

Filmkritik:

Das Lächeln einer Sommernacht spielt um die Jahrhundertwende in den besseren Kreisen einer nicht näher benannten Stadt und schildert die Ehen und Affären von einem halben Dutzend Figuren, die sich in wechselnden Konstellationen begegnen. Als zwei Frauen einen Plan schmieden, um ihre Männer zurück in ihre Arme zu führen, treten sie eine Kettenreaktion los.

Einen entscheidenden Moment seiner Karriere erlebte Ingmar Bergman bei der Zeitungslektüre auf dem Lokus. Unter der Überschrift Schwedischer Erfolg bei den Filmfestspielen von Cannes nahm der Regisseur überrascht zur Kenntnis, dass sein jüngster Film Das Lächeln einer Sommernacht mit einem Spezialpreis prämiert worden war. Die Produzenten hatten den Film eingereicht, ohne Bergman zu informieren.

Der Erfolg kam aus heiterem Himmel: Bis dato galt der Regisseur als großes Talent, stand aber stets infrage. Der Schwede inszenierte überwiegend am Theater und verdingte sich nur in den Sommerpausen beim Film, seine Werke waren finanziell wenig erfolgreich und Bergman galt im Umgang als schwierig.

Auch privat lief es turbulent: Aufgrund seiner Affären stand bereits die dritte Ehe vor dem Aus, der Regisseur war chronisch pleite und litt unter Neurosen und Magenproblemen. Bergman witzelte Jahre später, er habe in dieser Lebensphase das Drehbuch zu Das Lächeln einer Sommernacht schreiben oder sich umbringen müssen.

Zum Glück entschied er sich für Ersteres und setzte mit seiner 16. Arbeit eine Reihe leichterer Filme fort. Da ernstere Werke wie etwa Abend der Gaukler trotz wohlwollender Kritiken wenig Geld einspielten, dienten die weniger anspruchsvollen Arbeiten als Kompromiss, um weiterhin Filme drehen und das Geld für die Alimente verdienen zu können.

In diesem Fall verbindet Bergman seine eigene Erfahrung mit den Wechselspielen der Liebe mit klassischen Vorlagen, die er aus dem Theater kannte. Das Lächeln einer Sommernacht atmet den Geist von Shakespeares Ein Sommernachtstraum und den Bühnenstücken von Moliére und Arthur Schnitzler. Bergmans Werk erinnert auch an manch filmischen Vorläufer, etwa Max Ophüls‘ Schnitzler-Adaption Der Reigen oder Rouben Mamoulians Schönste, liebe mich.

Im Gegensatz zu Bergmans späteren Arbeiten besticht Das Lächeln einer Sommernacht durch eine souveräne Leichtigkeit. Genüsslich offenbart der Regisseur den Kontrast zwischen den gewählten Umgangsformen der gehobenen Gesellschaft und den dahinter nur unzulänglich verborgenen, weitaus banaleren Sünden.

Insbesondere die Männer kommen hier schlecht weg: Bergman zeichnet sie als einfältige Toren, die nach Affären gieren, um Selbstbestätigung zu finden. Zwar durchschauen die Frauen das Treiben der Männer, sie können daran aber tragischerweise nichts ändern und sind letztlich gezwungen, deren Spielchen mitzuspielen, um ihren Partner nicht an die amoralische Konkurrenz zu verlieren.

Die dabei entstehenden Konflikte tragen diese Menschen von Rang natürlich nicht über plumpe Beleidigungen aus; stattdessen gießen sie spitzfindige Bemerkungen, gehässige Doppeldeutigkeiten und vergiftetes Lob übereinander aus. Weil Bergmans Dialoge so pointiert ausfallen, machen die verbalen Gefechte einen Heidenspaß.

Erwartungsgemäß begnügt sich der Filmemacher nicht mit den beträchtlichen Unterhaltungswerten, sondern leitet aus der Geschichte grundsätzliche Fragen ab. Er denkt darüber nach, ob Liebe perfekt sein kann oder imperfekt sein muss, ob der Kampf der Geschlechter nützlich ist und welche Formen partnerschaftliches Glück annehmen kann.

Das Lächeln einer Sommernacht verhandelt diese Themen über gegensätzliche Figuren, die allesamt unterschiedliche Positionen einnehmen und damit unterstreichen, dass es die eine Antwort nicht gibt. Dazu passt auch der Filmtitel, dessen Eindeutigkeit zum Ende hin aufgebrochen wird, denn das Glück der Sommernächte lächelt drei verschiedene Gruppen an: die jungen Liebenden, die Narren und Dummköpfe sowie die Traurigen und Einsamen.

Als bekennender Sünder beweist Bergman ein Herz für alle Lager und schlägt versöhnliche Töne an, nachdem er die Beteiligten durch diverse Höhen und Tiefen getrieben hat. Diese Herangehensweise pflegte auch Woody Allen, der seit jeher zu Bergmans Bewunderern zählt. In vielen Arbeiten Allens klingen Bergmans Sinnfragen an, auf Das Lächeln einer Sommernacht bezieht er sich ganz konkret in seiner Hommage Eine Sommernachts-Sexkomödie.

Obwohl Das Lächeln einer Sommernacht ein überwiegend heiterer Film ist, setzt Bergman eine Reihe von Kontrasten. Besonders präsent sind die ansehnlichen Schwarz-Weiß-Bilder von Kameramann Gunnar Fischer, die sich im Verlauf der Spielzeit zunehmend verdüstern und an eine Komödie fast verschwendet sind; zudem setzt der Regisseur einige Überhöhungen ein und schafft damit Raum für das Ungreifbare.

Da sticht besonders eine Szene heraus, in der alle Protagonisten gemeinsam dinieren und der Film das Trinken des Rotweins zum Ritual erhebt. In dieser metaphorischen Zeremonie müssen die Figuren entscheiden, ob sie den Wein trinken und ihr Glück in die Hände des Schicksals legen oder sich dem Kontrollverlust verweigern und das Glas stehen lassen.

Ein genialer Einfall Bergmans, der eine banale Sache mittels reiner Suggestion zu einer existenziellen Entscheidung zuspitzt und so die inneren Konflikte der Figuren nach außen kehrt. Nebenbei verleiht er dem Geschehen eine magische Facette und beschwört das unsichtbare, unlogische und beim Schweden immer auch göttliche Wesen der Liebe.

Der Erfolg in Cannes bedeutete den endgültigen Durchbruch Bergmans. Das Lächeln einer Sommernacht spielte Geld ein und begeisterte die Kritiker, sodass der Regisseur für die nächsten Projekte freie Hand hatte und endlich seine künstlerischen Ansprüche ausleben konnte. Das machte sich schon beim nächsten Film bezahlt – mit Das siebente Siegel verewigte sich Bergman endgültig in der Kinogeschichte.

★★★★★☆

Ingmar Bergman

In seinen rund 50 Filmen erforschte Ingmar Bergman die dunklen Seiten der menschlichen Psyche – Sex und Tod, Glaube und Hass nehmen zentrale Plätze im Schaffen des Schweden ein. Die düsteren Bilder unterstreichen diese Themenwahl nachhaltig und vermitteln oft eine Stimmung existenzieller Krisen. 1997 erhielt Bergman bei den Filmfestspielen in Cannes einen Sonderpreis als „bester Regisseur aller Zeiten“.

Komödie

Die Komödie zählt zu den Grundfesten des Kinos und funktioniert – wie auch der Horrorfilm – affektgebunden. Deshalb bringt uns der Slapstick aus den Stummfilmen von Charlie Chaplin genauso zum Lachen wie die rasenden Wortgefechte der Screwball-Komödien aus den Dreißiger Jahren, die spleenigen Charaktere von Woody Allen oder die wendungsreichen Geschichten von Billy Wilder.