Ausnahmezustand
Ein Film von Michel Brault
Ausnahmezustand schildert ein dunkles Kapitel der kanadischen Geschichte: Die Aktionen der Terrororganisation FLQ lösten 1970 die sogenannte Oktoberkrise aus. Als Reaktion darauf ordnete Premierminister Pierre Trudeau einen Ausnahmezustand an und setzte damit rechtsstaatliche Prinzipien außer Kraft – so konnten Verdächtige ohne Haftbefehl inhaftiert werden.
Der Film hinterfragt diese Maßnahme am Beispiel einer Gruppe unschuldiger Bürger, die morgens in ihren Häusern verhaftet werden und ohne Angabe von Gründen ins Gefängnis gesperrt werden. Regisseur Michel Brault lässt das schreiende Unrecht im Stil des Cinema Verité für sich selbst sprechen – seine semidokumentarische Inszenierung und die schmucklose Bildgestaltung ermöglichen nahbare Figuren und ein „authentisches“ Erleben der Situation. Wir können das Geschehen nicht wie beim gewöhnlichen Spielfilm abstrahieren, es wirkt zu „real“ und entwickelt sich deshalb zu einem mitreißenden Filmerlebnis, das Assoziationen zu den großen Werken von Peter Watkins oder Constantin Costa-Gavras weckt.
★★★★☆☆