Das süße Leben

Ein Film von Federico Fellini

Genre: Drama

 

 | Erscheinungsjahr: 1960

 | Jahrzehnt: 1960 - 1969

 | Produktionsland: Italien

 

Das süße Leben gewann 1960 die Goldene Palme bei den Filmfestspielen von Cannes und zementierte Federico Fellinis Ruf als Ausnahmeregisseur. Der Film zählt zu den größten italienischen Werken überhaupt und beeinflusste sein Publikum weit über die Kinoleinwand hinaus.

Copyright

Filmkritik:

Fellini entwirft ein Porträt der Schickeria Roms und nimmt sich dafür beinahe drei Stunden Zeit. In unzähligen lose miteinander verknüpften Episoden schildert er die Partys der Schönen und Reichen, den Lifestyle von Filmdiven und die Penetranz der Klatschreporter und Fotografen, die sie wie Moskitos umschwirren. Eine der Nebenfiguren des Films, der sensationsgeile Boulevardknipser Paparazzo, geriet fortan sogar zum Synonym einer ganzen Berufsgattung.

Der Einfluss von Das süße Leben erstreckte sich noch darüber hinaus: Fellinis Werk erhielt in Spanien ein jahrzehntelanges Aufführungsverbot und trotz seiner kritischen Haltung gegenüber des kultivierten Müßiggangs befeuerte der Film die Mode, wie die mondänen Protagonisten auf der Via Veneto zu flanieren.

Die Nachahmung des Gesehenen verwundert nicht, da Fellinis Werk in der ersten Hälfte noch recht gnädig mit seinem Sujet umgeht und das Geschehen lediglich mit feiner Ironie durchsetzt. So erzeugt der Film trotz allerlei anstrengenden Trubels und einiger exaltierter Figuren Faszination für seine Beobachtungsobjekte, obwohl deren Lebenswandel Verachtung für konventionelle Werte ausdrückt. Niemand glaubt mehr an etwas, schon gar nicht an Gott – den Platz der Religion hat inzwischen das Startum eingenommen: Prominente dienen als neue Götter, Klatschspalten als heilige Schrift und Paparazzifotos als Reliquien einer Ära, die nur noch auf oberflächlichen Eskapismus fixiert ist.

Das Verhältnis zwischen Faszination und Stirnrunzeln kippt jedoch zunehmend, wenn Das süße Leben im letzten Drittel seine volle Kraft entfaltet. Erst durch die Überlänge des Films setzt der von Fellini so gekonnt herbeigeführte Abnutzungseffekt ein, die Episoden vermitteln einen zunehmend repetitiven Eindruck. In uns wächst die Einsicht, dass der Kosmos der Figuren in einem endlosen Reigen beständig um sich selbst kreist: immer wieder banale Gespräche, noch ein Glas Champagner, noch ein Flirt, noch ein aufgesetztes Lächeln für die Fotografen und noch eine Nacht, die sich als genauso hohl wie die vorherige erweist.

Obwohl der Klatschreporter Marcello in einigen besonders tragischen Momenten die unrühmliche Realität hinter dem glanzvollen Schein erkennt, tut er alles dafür, zur Entourage der Reichen gezählt und von den Promis anerkannt zu werden. Seine Selbstaufgabe bildet das emotionale Zentrum des Films und gibt dem tragischen Wertverlust ein Gesicht.

Der Niedergang des Protagonisten weckt einen so bedrückenden Eindruck, weil Das süße Leben in allen Bereichen von Meisterhand gestaltet wurde. Das famose Schwarz-Weiß von Kameramann Otello Martelli beeindruckt ebenso wie die markante Musik von Nino Rota. Hauptdarsteller Marcello Mastroianni arbeitete das erste Mal mit Fellini zusammen und bekommt alle Facetten seiner Figur unter einen Hut. Auch die Nebendarsteller überzeugen: Gerade weil Anita Ekberg alles andere als dezent spielt, reißt sie ihre Szenen als extravagante Filmdiva an sich; auch Yvonne Furneaux und Anouk Aimée hinterlassen durch ihr nuanciertes Spiel einen prägenden Eindruck.

Das süße Leben wirft einen ausführlichen Blick hinter die Kulissen des Glamourlebens und entlarvt die Welt der Schickeria Roms: Mit Champagner und Sex weichen die Schönen und Reichen den Sinnfragen des Lebens aus und bewegen sich als Gefangene in einer fadenscheinigen Welt, die nur durch die Blichtlichtgewitter der Fotografen erhellt wird.

★★★★★★

1960 – 1969

Die Sechziger Jahre zählen zu den revolutionärsten Jahrzehnten der Kinogeschichte. Mehrere Strömungen – die neuen Wellen – verschoben künstlerische Grenzen und modernisierten die Filmsprache. Viele Regisseure ließen die themen der vorherigen Generationen hinter sich und drehten freiere, gesellschaftskritischere Werke.

Drama

Der Dramabegriff dient als Auffangbecken für Filme, die sich keinem spezifischerem Genre zuordnen lassen. Dementsprechend viele Schattierungen ergeben sich: vom Sozial- über das Gesellschaftsdrama, das Melodram und die Tragikomödie. Die Gemeinsamkeiten dieser Subgenres liegen in realistischen, konfliktreichen Szenarien und einer Konzentration auf die Figuren.