When a Woman Ascends the Stairs
Ein Film von Mikio Naruse
Mikio Naruses Meisterwerk When a Woman Ascends the Stairs ist eine feinfühlige Studie über eine Frau, die in einer Männerwelt gefangen ist und mit ihrem Schicksal kämpft.
Filmkritik:
Nur drei Bedürfnisse hat die junge Witwe Keiko: Sie möchte ihre Familie finanziell unterstützen, eine eigene Bar eröffnen und einen Ehemann finden. Doch das Drehbuch offenbart schnell, wie ihre Wünsche untrennbar verbunden sind – wenn Keiko ihre Familie unterstützt, kann sie nichts für eine Bar ansparen, sodass sie einen gut betuchten Ehemann finden muss, für den ihr gesellschaftlicher Rang dann jedoch zu niedrig wäre, solange sie keine Geschäftsfrau mit eigener Bar ist… ein Teufelskreis!
Dramaturgisch hat When a Woman Ascends the Stairs einiges zu bieten, setzt immer wieder zarte Hoffnungsschimmer und dokumentiert brutale Schicksalsschläge, ohne dabei im schlechten Sinne melodramatisch oder auch nur ansatzweise konstruiert zu wirken. Da die männlichen Nebenfiguren, die Keiko fortwährend enttäuschen, nie zu herzlosen Antagonisten verkommen, sondern ebenso differenziert ausgearbeitet werden wie die Protagonistin, bleibt dem Publikum nichts anderes übrig, als auch die Bedürfnisse und Probleme der Männer hinzunehmen, wie es Keiko tun muss.
Die Protagonistin wächst uns ohnehin bereits nach wenigen Minuten ans Herz – Hauptdarstellerin Hideko Takamine vollbringt eine Glanzleistung, spielt mit großer Subtilität und nimmt trotzdem den gesamten Film für sich ein.
Naruses Handwerkskunst tut ihr Übriges – in den Widescreenbildern lässt er Keiko verloren und einsam wirken; Perspektivwahl und Schnitt erweisen sich als überaus effektvoll und treffen in jeder Szene den richtigen Ton und sorgen für eine dichte Atmosphäre. When a Woman Ascends the Stairs berührt ungemein und zählt zu den besten Melodramen der Filmgeschichte.
★★★★★★
Mikio Naruse
Beinahe 100 Filme drehte Mikio Naruse in seiner 37-jährigen Karriere. Trotz mehrerer Meisterwerke erreichte er außerhalb Japans nie den Bekanntheitsgrad von Kollegen wie Ozu oder Kurosawa. Das ist schade, denn Naruses Werke sind eine Entdeckung wert: Sie zeichnen sich durch effektvolle dramaturgische Steigerungen aus und besitzen ein tiefgehendes Verständnis für die Makel der Menschen.
Drama
Der Dramabegriff dient als Auffangbecken für Filme, die sich keinem spezifischerem Genre zuordnen lassen. Dementsprechend viele Schattierungen ergeben sich: vom Sozial- über das Gesellschaftsdrama, das Melodram und die Tragikomödie. Die Gemeinsamkeiten dieser Subgenres liegen in realistischen, konfliktreichen Szenarien und einer Konzentration auf die Figuren.