Vom Fest und den Gästen

Ein Film von Jan Nemec

Genre: Drama

 | Erscheinungsjahr: 1966

 | Jahrzehnt: 1960 - 1969

 | Produktionsland: Tschechien

 

Vom Fest und den Gästen gehört zu den kontroversesten Werken der Tschechoslowakischen Neuen Welle und wurde prompt vom kommunistischen Regime verboten. Im revolutionären Vorfeld des Prager Frühlings in wenigen Wochen in einem abgeschiedenen Wald gedreht, rekapituliert das Werk von Jan Nemec allegorisch die Entstehung eines totalitären politischen Klimas anhand einer Festgesellschaft.

Copyright

Filmkritik:

Hier gelten zunächst grundsätzliche Regeln: Höflichkeit, Freundlichkeit, soziale Interaktion nach Konvention. Doch im Laufe des Films entstehen daraus gänzlich andere Ebenen: Hörigkeit, Duckmäusertum und sogar Komplizenschaft. Der Übergang gestaltet sich fließend und regt zur Diskussion an – wie entsteht Führung und wann wird sie zur Diktatur?

Aufgrund der Vielzahl von Zwischentönen und den kafkaesken atmosphärischen Störungen fällt es aus heutiger Sicht schwer, das Geschehen nachzuempfinden und jede allegorische Nuance zu deuten, Vom Fest und den Gästen ist spürbar ein Produkt seiner Zeit. Dennoch offenbart sich das zeitlose Fazit auch heute noch leicht und macht deutlich, wie der Totalitarismus den Individualismus zerstört und zur Anpassung zwingt.

Das erinnert ein wenig an Luis Buñuels wunderbare Satire Der Würgeengel, kommt aber ungleich ernster und subtiler daher. Damit gestaltet sich Vom Fest und den Gästen trotz nur 70 Minuten Spielzeit alles andere als unterhaltsam, sondern bisweilen gewöhnungsbedürftig und schwierig, zählt aber unbestreitbar zurecht zum europäischen Kanon des politischen Films.

★★★☆☆☆

1960 – 1969

Die Sechziger Jahre zählen zu den revolutionärsten Jahrzehnten der Kinogeschichte. Mehrere Strömungen – die neuen Wellen – verschoben künstlerische Grenzen und modernisierten die Filmsprache. Viele Regisseure ließen die themen der vorherigen Generationen hinter sich und drehten freiere, gesellschaftskritischere Werke.

Tschechoslowakische Neue Welle

Als in der kommunistischen Tschechoslowakei zu Beginn der Sechziger Jahre eine Liberalisierung einsetzte, ergaben sich auch für Filmschaffende neue Möglichkeiten. Inspiriert durch die französische Nouvelle Vague, experimentierten die Regisseure mit neuen visuellen und narrativen Formen. Viele Werke trauten sich, das Leben im Kommunismus zu kritisieren, bevor die Niederschlagung des Prager Frühlings auch die Strömung verstummen ließ.