Halloween
Ein Film von John Carpenter
Halloween markiert die Geburtsstunde des Slasher-Films. John Carpenters günstig produziertes Werk etablierte den Standard dieser Spielart, schuf einen ikonischen Bösewicht und zählt zum klassischen Kanon des Horrorgenres.
Filmkritik:
Die Anfänge des Subgenres bildeten sich deutlich früher heraus: In Michael Powells Klassiker Augen der Angst (1960), Herschell Gordon Lewis‘ blutrünstigem Schundfilm Blood Feast (1963) sowie Bob Clarks archetypischen B-Movie Jessy (1974). Den entscheidenden Popularitätsschub erhielt der Slasher-Film jedoch erst durch die Veröffentlichung von Halloween im Jahr 1978, der jene Bestandteile anhäuft, die heute als typisch für Slasher gelten. Der von Carpenters Werk ausgelöste Boom prägte das Horrorkino der Achtziger entscheidend, ermöglichte den Erfolg der Nightmare-, Freitag der 13te– und Scream-Reihe und sorgt noch heute für zahllose Epigonen.
Nachdem Carpenters vorheriges Werk Assault – Anschlag bei Nacht Anklang bei zwei Produzenten fand, vermittelten ihm diese ein knappes Budget von 325.000 Dollar und gaben dem Regisseur auch das grobe Thema vor. Den eingeschränkten Spielraum nutzte Carpenter mit bewundernswerter Effizienz: Er drehte Halloween in nur drei Wochen ab und setze das Drehbuch mit einer hochgradig ökonomischen Inszenierung um.
Nach der spannenden Eröffnungsszene, die einen Mord aus der subjektiven Perspektive des Killers zeigt und mit einer verstörenden Pointe endet, lässt es der Film in den folgenden 40 Minuten deutlich ruhiger angehen. Im Vergleich zum Tempo moderner Genrefilme mag Halloween behäbig wirken, entwickelt durch seine minimalistische Herangehensweise jedoch auch einen zeitlosen Charme.
Einmal mehr liefert Carpenters Werk auch ein Beispiel für den von Alfred Hitchcock geprägten Begriff des Suspense: Während der Film die Präsenz des Mörders uns Zuschauern gegenüber offen ausstellt, ahnen die potenziellen Opfer nichts von dessen Anwesenheit – in vielen Szenen erscheint Michael Myers gespensterhaft im Bildhintergrund, während die jungen Frauen im Vordergrund beschäftigt sind. Wie in Hitchcocks Die Vögel sorgen nicht die sich vollziehenden Gewalttaten für Spannung, sondern ihre genüsslich zelebrierte Anbahnung.
Obwohl Carpenter seine inszenatorische Zurückhaltung clever ausspielt, bliebe Halloween ohne seinen Antagonisten Genredurchschnitt. Michael Myers fügt dem Film jedoch einen weiteren interessanten Faktor hinzu, weil er uns keinerlei Bezüge anbietet, sondern das Böse in einer puren, unerklärlichen Urform verkörpert. Das äußere Erscheinungsbild des Hünen im dunklen Overall und der ausdruckslosen grauen Latexmaske bleibt genauso uneindeutig wie dessen Vorgehen. Myers vertritt keinerlei Ideologie, er folgt keinem erkennbaren Wertesystem und lässt niemals Emotionen erkennen. Als besonders wirkungsvoll erweisen sich Myers‘ bedächtiges Tempo und seine mörderische Gelassenheit; das stoische Vorgehen des Mörders verspricht in jedem Moment, dass es kein Entrinnen gibt.
Halloween mag nach mehr als vierzig Jahren nicht mehr zu den mitreißendsten Horrorfilmen zählen und aufgrund fehlender Subtexte keine inhaltliche Tiefe besitzen, die ökonomische Vortragsweise zeigt sich hingegen unbeeindruckt vom Zahn der Zeit und sorgt nach wie vor für gute Unterhaltung.
★★★★☆☆
1970 – 1979
Die durch die neuen Wellen der Sechziger Jahre eingeleiteten Veränderungen nahmen auch in den Siebzigern Einfluss. In den USA entstand das New Hollywood und in Europa u.a. der Neue Deutsche Film. Erstmals kumulierten hohe Studiobudgets und die Kreativität junger Regisseure. Gegen Ende der Siebziger sorgte eine neue Entwicklung für die Wende: Die ersten Blockbuster erschienen und etablierten das Konzept marketinginduzierter Kino-Franchises.
Horrorfilm
Das Horrorgenre gibt uns die Möglichkeit, Schreckensszenarien durchzuspielen und damit Stress aus unserem Unterbewusstsein abzuleiten. Der Horrorfilm bedroht immer die Normalität – sei es durch Geister, Monster oder Serienkiller. In der Regel bestrafen die Antagonisten die Verfehlungen von Sündern, inzwischen verarbeiten postmoderne Horrorfilme diese Motive jedoch auch ironisch und verbreitern damit die ursprünglichen Sujets des Genres.