Wege zum Ruhm

Ein Film von Stanley Kubrick

 

 | Erscheinungsjahr: 1957

 | Jahrzehnt: 1950 - 1959

 | Produktionsland: USA

 

Im Alter von nur 28 Jahren drehte Stanley Kubrick einen Klassiker des Antikriegsfilms: Wege zum Ruhm zeigt anhand von beeindruckenden Massenszenen die Grabenkämpfe des Ersten Weltkrieges, um in der zweiten Filmhälfte die Unmenschlichkeit der Generalität anzuklagen.

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Filmkritik:

Wege zum Ruhm schildert sowohl die militärpolitische als auch die praktische Seite des Krieges: Die französische Generalität ordnet die Erstürmung einer deutschen Stellung an, doch die Angreifer erleiden große Verluste und sind schließlich zum Rückzug gezwungen. Da dem Befehlshaber der Truppe durch den verpatzten Angriff eine Beförderung entgeht, lässt er drei Soldaten den Prozess machen – wegen vermeintlicher Feigheit vor dem Feind droht ihnen der Tod.

Der Film basiert auf einem an wahren Tatsachen orientierten Roman des Weltkriegsveteranen Humphrey Cobb und ergreift Partei für die einfachen Soldaten, die ihrem Schicksal als Bauernopfer der Befehlshaber ausgeliefert sind. In langen Kamerafahrten durch die Schützengräben zeigt Wege zum Ruhm ihr jämmerliches Dasein zwischen Schlamm und Trommelfeuer.

Welch herben Gegensatz liefert hingegen der Alltag der französischen Offiziere, die ihr Tun in einem palastartigen Landsitz abseits des Schlachtfeldes verrichten! Wie die Sonnenkönige halten die Kommandeure hier Hof: Sie opfern 100.000 Soldaten für 100 Meter Niemandsland, anschließend gibt es Cognac beim Abendball. In den Kriegsspielen dieser Parallelwelt sind Menschenleben nichts wert, sie werden sehenden Auges gegen bedeutungslose Geländegewinne getauscht:

„5 Prozent Verluste durch eigenes Sperrfeuer, 10 Prozent im Niemandsland, 20 Prozent im Stacheldraht und weitere 25 Prozent bei der Einnahme des Hügels.“

Die zentrale Angriffssequenz auf den „Ameisenhügel“ zählte 1957 zu den atemberaubendsten Darstellungen des Krieges: Mit Kirk Douglas‘ Colonel Dax an der Spitze stürmen Hunderte Soldaten ins Niemandsland und fallen oft schon nach wenigen Metern. Kubrick filmt das Massensterben mit langen Kamerafahrten aus der Entfernung, wie vom Spielfeldrand eines Fußballspiels. So verweigert er uns die Immersion des Getümmels und verleiht dem Kamerablick eine technische Klarheit – Wege zum Ruhm zeigt keine Action, sondern trockenes industrielles Töten.

Der junge Stanley Kubrick bewies mit dieser Inszenierung ein tiefgreifendes Verständnis für die Wirkung seiner Bilder und setzte seine Vision handwerklich perfekt um. So feierte der Regisseur ein Jahr nach Die Rechnung ging nicht auf seinen endgültigen Durchbruch.

Schon in seinem Film Noir ermöglichte die immer etwas distanzierte Erzählweise einen Blick auf größere Zusammenhänge – er zieht seine Faszination nicht aus dem Tun der einzelnen Gangster, sondern aus ihrer koordinierten Organisation. Ebenso hält es Wege zum Ruhm, der sich nicht für einzelne Soldaten interessiert, sondern die Perversität des gesamten Systems offenlegt. 30 Jahre später sollte Kubrick diesen Modus Operandi mit Full Metal Jacket, seinem Meisterwerk zum Vietnamkrieg, auf die Spitze treiben.

Die erzählerische Klarheit stellt die Menschenfeindlichkeit der Befehlshaber mit beißender Ironie heraus. Ihre hochtrabenden Floskeln und ihr militärisches Gehabe können nicht über ihre Bigotterie hinwegtäuschen. Der Film entlarvt sie als eitle Gecken, die ihre Egos auf Leichenbergen aufbauen. Bezeichnenderweise ist der militärische Gegner nie zu sehen – Kubrick bringt das Verrecken in den Gräben nicht mit dem Feind, sondern der eigenen Generalität in Verbindung.

Es spricht es für sich selbst, dass Wege zum Ruhm in Großbritannien, den Vereinigten Staaten und Frankreich über mehrere Jahrzehnte hinweg verboten war oder nur eingeschränkt gezeigt wurde. Ein größeres Lob ist einem Antikriegsfilm nicht zu machen.

★★★★☆☆

Stanley Kubrick

Stanley Kubrick zählt zu den besten Regisseuren der Kinogeschichte, beinahe jede seiner Arbeiten genießt den Ruf eines zeitlosen Klassikers. Der Amerikaner drehte Meisterwerke in den unterschiedlichsten Genres und kannte bei der Umsetzung seiner Visionen keine Kompromisse. Kubricks Inszenierungen vereinen technische Perfektion und intellektuellen Tiefgang zu einzigartigen Filmerlebnissen.

(Anti)Kriegsfilm

Obwohl das Genre auf ein spezifisches Thema festgelegt ist, bieten sich dem Betrachter eine Vielzahl Subtexte und Motive. Während Kriegsfilme sich vornehmlich auf Abenteuer, Kameradschaft und Heldenmut konzentrieren, eröffnen sich im Antikriegsfilm eine Vielzahl von Themen: Moral und Menschenrechte, der Horror und die Absurdität des täglichen Grauens oder die perverse Systematik dahinter.