An die Freude

Ein Film von Ingmar Bergman

Genre: Drama

 

 | Erscheinungsjahr: 1950

 | Jahrzehnt: 1950 - 1959

 | Produktionsland: Schweden

 

In dem autobiografisch geprägten Frühwerk An die Freude arbeitete Ingmar Bergman in erster Linie an sich selbst. Das Melodram zählt zu den schwächsten Werken des schwedischen Meisterregisseurs und kommt über interessante Ansätze nicht hinaus.

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Diese Kritik ist Teil einer langfristigen Retrospektive zu Ingmar Bergman. Alle Infos dazu sind hier zu finden.

Filmkritik:

Bergmans achter Spielfilm schildert die problembehaftete Ehe zweier Musiker über den Verlauf mehrerer Jahre. Die Konflikte entstehen vor allem aus der beruflichen Unzufriedenheit des Ehemannes, der große Ambitionen hegt und unbedingt zum Solisten des Orchesters aufsteigen will.

Diesem Mann bei seinem Scheitern zuzusehen ist wahrlich kein Vergnügen. Verzweifelt krallt er sich mit seinem soliden Talent an unbestimmten Träumen fest und ignoriert in seinem Egoismus die Menschen um sich herum. Der Musiker changiert zwischen Wichtigtuerei und Selbstmitleid, er verachtet gleichermaßen seine Mittelmäßigkeit und die Ambitionslosigkeit seiner Umwelt.

Es bedarf wenig Fantasie, in diesem Unsympathen ein bemerkenswertes Selbstporträt Ingmar Bergmans zu erkennen. Der junge Regisseur rechnete erstaunlich kompromisslos mit sich selbst ab. Zu diesem frühen Zeitpunkt seiner Karriere kämpfte er mit einer enormen Erwartungshaltung und ständigen Selbstzweifeln. Der ständige Druck strahlte auf sein Privatleben aus: Im Alter von 31 Jahren stand Bergman bereits vor den Scherben seiner zweiten Ehe, er war chronisch pleite und häufig krank.

Die Aufarbeitung der eigenen Defizite mag für Bergman von Interesse gewesen sein, doch uns Zuschauern bietet die filmische Selbstkasteiung nur wenig. An die Freude gibt uns keinen Grund, warum wir mit Bergmans Alter Ego mitfiebern sollten, sodass der Film als Melodram nicht funktioniert. Darüber hinaus bleibt der Film immer im Konkreten verhaftet – wo Bergman in späteren Werken aus Konflikten allgemeinere Sinnfragen ableitet, verlässt An die Freude den Rahmen seiner Erzählung nie.

Zu den dramaturgischen Schwächen trägt die Erzählstruktur bei: Der Film startet mit dem Finale und erzählt die Vergangenheit des Paares in Rückblenden. Wir erfahren daher bereits in der ersten Szene, dass Marta, die Ehefrau des Künstlers, bei einem Unfall sterben wird. Das verleiht An die Freude zwar einen gewissen Fatalismus, relativiert jedoch auch alles Nachfolgende. Mit dem Wissen um Martas Tod verlieren die kleinen und großen ehelichen Streitigkeiten schlichtweg an Relevanz.

Dennoch ist die von Maj-Britt Nilsson gespielte Marta das Herz des Films, ihr Leiden hält die Erzählung zusammen. Erwähnenswert ist auch der Auftritt von Bergmans Mentor Victor Sjöström als zänkischer, aber herzensguter Orchesterleiter. Sieben Jahre später sollte Sjöström die Hauptrolle in Bergmans Meilenstein Wilde Erdbeeren übernehmen.

Bis zum Erreichen dieses Niveaus war es für Ingmar Bergman noch ein weiter Weg. An die Freude lässt immerhin schon Ansätze für das Talent des Regisseurs erkennen. In manchen Einzelszenen – etwa eine nächtliche Diskussion der Eheleute, die sich im Schutz der Nacht erstmals trauen, offen miteinander zu sprechen – ist Bergmans Talent für Dialoge, Schauspielführung und Bildgestaltung bereits erkennbar.

★★☆☆☆☆

Ingmar Bergman

In seinen rund 50 Filmen erforschte Ingmar Bergman die dunklen Seiten der menschlichen Psyche – Sex und Tod, Glaube und Hass nehmen zentrale Plätze im Schaffen des Schweden ein. Die düsteren Bilder unterstreichen diese Themenwahl nachhaltig und vermitteln oft eine Stimmung existenzieller Krisen. 1997 erhielt Bergman bei den Filmfestspielen in Cannes einen Sonderpreis als „bester Regisseur aller Zeiten“.

Drama

Der Dramabegriff dient als Auffangbecken für Filme, die sich keinem spezifischerem Genre zuordnen lassen. Dementsprechend viele Schattierungen ergeben sich: vom Sozial- über das Gesellschaftsdrama, das Melodram und die Tragikomödie. Die Gemeinsamkeiten dieser Subgenres liegen in realistischen, konfliktreichen Szenarien und einer Konzentration auf die Figuren.