Du lebst noch 105 Minuten

Ein Film von Anatole Litvak

Genre: Kriminalfilm

 | Strömung: Film Noir

 | Erscheinungsjahr: 1948

 | Jahrzehnt: 1940 - 1949

 | Produktionsland: USA

 

Du lebst noch 105 Minuten zählt zu den Geheimtipps der Film Noir-Ära. Als ein B-Movie unter Hunderten produziert, besticht der Film von Anatole Litvak durch seine ausgezeichnete Besetzung, eine für die Schwarze Serie typische Bildgestaltung und einen perfiden Plot.

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Filmkritik:

Der Film beginnt mit einem verhängnisvollen Anruf: Die von einer Krankheit ans Bett gefesselte Leona Cotterell will ihren Mann erreichen, doch die Vermittlung schaltet sie in das falsche Gespräch – mitten in die Unterhaltung zweier Männer, die noch in dieser Nacht einen Mord planen. Nur 105 Minuten und ihr Telefon bleiben Leona, um das Komplott von ihrem Bett aus aufzuhalten.

Du lebst noch 105 Minuten stammt ursprünglich aus dem Radio und erntete als halbstündiges Hörspiel eine beträchtliche Popularität. Der große Orson Welles – vor seiner Filmkarriere selbst als visionärer Radioerzähler bekannt geworden – adelte das Hörspiel als „das großartigste Radio-Skript, das jemals geschrieben wurde.“ Kein Wunder also, dass die Autorin Lucille Fletcher auch für das Drehbuch der Verfilmung angeheuert wurde.

Streng genommen spielt Du lebst noch 105 Minuten – wie auch die Radiovorlage – ausnahmslos im Zimmer der kranken Protagonistin. Da ein Ein-Personen-Kammerspiel die Vorteile des Mediums Film kaum ausnutzen würde, erweiterte Fletcher die Vorlage erheblich und transportiert uns durch eine (etwas umständliche) Rückblendenstruktur aus dem Zimmer heraus.

Einen Großteil der 88-minütigen Spielzeit verbringen wir in der Vergangenheit diverser Figuren. Durch diese immer neuen Perspektiven verstrickt uns der Film stetig tiefer in seine Kriminalgeschichte. Dabei entpuppt sich Du lebst noch 105 Minuten als typischer Film Noir aus der ersten Phase der Schwarzen Serie: Anatole Litvak drehte sein Werk günstig im Studio statt an Originalschauplätzen, die Handlung dreht sich um ein klassisches Krimi-Sujet.

Wie so viele Film Noirs entstand auch Du lebst noch 105 Minuten als kostengünstiges B-Movie. Trotzdem imponiert der Krimi mit einem hohen handwerklichen Niveau. Kameramann Sol Polito und Regisseur Litvak finden eine finstere Bildgestaltung, die im Zusammenspiel mit der gelungenen musikalischen Untermalung von Routinier Franz Waxman eine beklemmende Atmosphäre etabliert.

Auch die Besetzung überzeugt mit Shirley Ann Richards und Ed Begley in den Nebenrollen, ausgerechnet Co-Star Burt Lancaster spielt lediglich solide. Getragen wird Du lebst noch 105 Minuten von seinem Star: Barbara Stanwyck macht ihrem Ruf als führende Darstellerin des Film Noir alle Ehre und erreichte einen bemerkenswerten Erfolg. Obwohl die Academy für gewöhnlich einen weiten Bogen um B-Movies macht, nominierte sie Stanwyck 1949 für den Oscar als beste Hauptdarstellerin.

Wie dieses Detail schon erkennen lässt, verlief die Rezeption beim Kinostart positiv. Du lebst noch 105 Minuten positionierte sich auf Platz 25 der erfolgreichsten Filme des Jahres und wurde sogar von Alfred Hitchcock gelobt. An Unterhaltungswert hat Litvaks Werk bis heute nicht eingebüßt. Die Mischung aus Krimi und Melodram funktioniert gut, das so tragische wie perfide Finale bleibt im Gedächtnis.

★★★★☆☆

1940 – 1949

Das Kino der Vierziger Jahre spielte sich im Schatten des Zweiten Weltkrieges ab, weshalb die Werke der Ära zu den düstersten der Filmgeschichte zählen. Finstere Bilder und ein ernster Tonfall dominierten die Lichtspielhäuser: mit dem fatalistischen Film Noir in den Vereinigten Staaten und den pessimistischen Dramen des Italienischen Neorealismus in Europa.

Film Noir

Rund zwanzig Jahre lang bereicherte Hollywood die Kinos mit düster gestalteten Kriminalfilmen. Deren heruntergekommene Detektive und abgebrühte Femme fatales gingen ebenso in die Popkultur ein wie ihr pessimistischer Tonfall. Damit zählt die Schwarze Serie auch abseits seiner zahllosen Klassiker zu den einflussreichsten Strömungen der Filmgeschichte.