Rosemaries Baby
Ein Film von Roman Polanski
Mit Rosemaries Baby setze Roman Polanski seine mit Ekel begonnene Mieter-Trilogie fort. Die Verfilmung des Erfolgsromans von Ira Levin zählt zu den Grundsteinen der Welle okkulter Horrorfilme, die in den Siebziger Jahren aufkam und mit Der Exorzist, Das Omen oder Tanz der Teufel einige berühmte Vertreter hervorbrachte.
Filmkritik:
Wo die vorgenannten Werke den Genreregeln folgen und ihre Schrecken genüsslich vor dem Zuschauer ausbreiten, wählte Polanski einen anderen Weg und schildert das Geschehen uneindeutig und durchgehend mysteriös, versetzt uns in dieselbe Lage wie die von der großartigen Mia Farrow gespielten Protagonistin. Denn wenn Rosemarie in einem Fiebertraum von der Vergewaltigung durch den Teufel träumt und kurze Zeit später feststellt, dass sie schwanger ist, beweist dies noch lange nicht, dass es sich bei Rosemaries Baby um einen Fantasyfilm handelt, der tatsächlich von Monstern und Dämonen handelt.
Vielmehr gibt Rosemaries körperlicher und seelischer Zustand Anlass zur Sorge. In einer fremden Umgebung alleine gelassen von ihrem karrierefixierten Ehemann, bedrängt von den so aufdringlichen wie neugierigen Nachbarn und den großen Umstellungen der ersten Schwangerschaftswochen, erscheint es mindestens ebenso wahrscheinlich, dass sie sich zunehmend in einen psychotischen Wahn hineinsteigert, anstatt etwas Übersinnlichem ausgeliefert zu sein.
Der Horror von Rosemaries Baby besteht darin, uns daran zu erinnern, dass es nicht die unsterblichen Serienkiller wie Freddy Krueger oder Jason Vorhees sind, vor denen wir uns in Acht nehmen müssen, sondern die Gefahr in unserem Alltag lauert: Hinter den Fassaden unserer Mitmenschen könnten Wahnsinn und Krankheit gedeihen, der eigene Geist kann unser schlimmster Feind werden. Polanskis Regie versteht es meisterhaft, mit scheinbar Offensichtlichem zu spielen und das Hintergründige in kleinen Häppchen zu servieren. Er trifft genau den richtigen Ton, um sein Kammerspiel bedrohlich wirken zu lassen, ohne auf platte Metaphern oder Klischees zurückgreifen zu müssen, und findet einige tolle Bilder. Der Film baut ganz ohne dramatische Spitzen oder visuelle Gewaltdarstellung einen immer größeren Druck auf seine Protagonistin auf und zieht damit die Spannungsschraube für das Publikum stetig fester.
Dank der psychologischen Spannung, der fantastischen Darsteller und der dichten Atmosphäre fesselt Rosemaries Baby über weite Strecken der Spielzeit, die mit immerhin 136 Minuten für einen Genrefilm üppig ausfällt. Im dritten Viertel nutzt sich die Subtilität dann auch zunehmend ab und die Geschichte stagniert etwas, im Finale läuft der Film jedoch zur Hochform auf und fährt eine wunderbar kafkaeske, jedoch auch streitbare Schlusssequenz auf, die dem Film den Reiz des Allegorischen zugunsten des Makaberen nimmt und damit gewissermaßen seiner eigenen Subtilität nicht vertraut, was schade ist.
Nichtsdestotrotz bereitet Rosemaries Baby einigen Spaß und serviert im besten Sinne altmodischen Horror, der inzwischen fest zum Kanon des Genres zählt. Einige Jahre später inszenierte Roman Polanski dann mit Der Mieter den letzten Teil seiner Trilogie weniger subtil, aber deutlich effektvoller.
★★★★☆☆
1960 – 1969
Die Sechziger Jahre zählen zu den revolutionärsten Jahrzehnten der Kinogeschichte. Mehrere Strömungen – die neuen Wellen – verschoben künstlerische Grenzen und modernisierten die Filmsprache. Viele Regisseure ließen die themen der vorherigen Generationen hinter sich und drehten freiere, gesellschaftskritischere Werke.
Horrorfilm
Das Horrorgenre gibt uns die Möglichkeit, Schreckensszenarien durchzuspielen und damit Stress aus unserem Unterbewusstsein abzuleiten. Der Horrorfilm bedroht immer die Normalität – sei es durch Geister, Monster oder Serienkiller. In der Regel bestrafen die Antagonisten die Verfehlungen von Sündern, inzwischen verarbeiten postmoderne Horrorfilme diese Motive jedoch auch ironisch und verbreitern damit die ursprünglichen Sujets des Genres.