The Big Lebowski
Ein Film von Ethan und Joel Coen
Seit vielen Jahren erfährt The Big Lebowski eine Verehrung als Kultfilm und zählt neben Pulp Fiction zu den bekanntesten und beliebtesten postmodernen Werken der Neunziger Jahre. Die ironische Film Noir-Dekonstruktion der Gebrüder Coen glänzt durch obskure Charaktere und seltsame Situationen.
Filmkritik:
Wo Tarantino in seinen frühen Werken Reservoir Dogs und Pulp Fiction zwar postmodern erzählte, dabei jedoch noch klar ausformulierte Genrebestandteile nutzte, gehen die Coen-Brüder deutlich konsequenter zu Werke. In The Big Lebowski lassen sie kaum ein Plotelement auf dem anderen, dekonstruieren die Figurenanordnung und das Handlungsgerüst, bis Kausalität und Logik nur noch eine untergeordnete Rolle spielen.
Das Drehbuch orientiert sich an den Film Noirs der Vierziger Jahre und entwirft ein Szenario, das an Howard Hawks‘ Tote schlafen fest erinnert: Ein Außenseiter stolpert in eine für ihn eigentlich viel zu große Geschichte. Nicht nur verlieren wir in diesem Klassiker aufgrund der zahllosen Irrungen und Wirrungen ebenfalls schnell den Faden, auch dessen von Humphrey Bogart gespielter Protagonist agiert auf dieselbe Weise wie der Held in The Big Lebowski: Bogarts Figur bleibt meist passiv und zwingt die anderen Charaktere damit zu einer Auseinandersetzung. Der Film der Gebrüder Coen ersetzt den cleveren Detektiv jedoch durch einen, nein, durch den Dude.
Der Dude ist nicht gerade eine Bereicherung für die Gesellschaft. Der arbeitslose Späthippie liegt am liebsten zu Walgesängen in der Badewanne und wechselt dabei zwischen White Russians und Marihuana. Der Dude mag das Herz am rechten Fleck haben, interessiert sich in seinem Alltag jedoch nur für Bowling und dürfte der passivste Held der Filmgeschichte sein.
Dabei erweist sich der von Jeff Bridges wunderbar gespielte Dude nur als eine unter vielen skurrilen Gestalten in dem Figurenkonglomerat, das die Coen-Brüder hier auftischen. Während die Handlung immer verworrenere Blüten treibt, tauchen immer mehr schräge Vögel auf und sorgen für noch größere Verwirrung, sodass niemand mehr weiß, was vor sich geht, Zuschauer inklusive.
Das Geschehen ist weder total spannend noch brüllend komisch, doch die gekonnte Variation filmischer Tropen und Klischees, die Liebe zum Unkonventionellen und die geschliffenen Dialoge erzeugen einen abseitigen Charme, der The Big Lebowski einmalig macht.
★★★★★☆
Ethan & Joel Coen
Seit den Achtziger Jahren zählen die Coen-Brüder zu den spannendsten amerikanischen Filmemachern. Ohne ihre Originalität aufzugeben, huldigen sie den Klassikern der Kinogeschichte, die zitiert und postmodern variiert werden. Die Drehbücher der Coens bestechen durch ausgezeichnete Dialoge und tolle Figuren, ein Hang zum schwarzen Humor verleiht ihren Werken eine unkonventionelle Note.
Komödie
Die Komödie zählt zu den Grundfesten des Kinos und funktioniert – wie auch der Horrorfilm – affektgebunden. Deshalb bringt uns der Slapstick aus den Stummfilmen von Charlie Chaplin genauso zum Lachen wie die rasenden Wortgefechte der Screwball-Komödien aus den Dreißiger Jahren, die spleenigen Charaktere von Woody Allen oder die wendungsreichen Geschichten von Billy Wilder.