Einen Sommer lang

Ein Film von Ingmar Bergman

Genre: Liebesfilm

 

 | Erscheinungsjahr: 1951

 | Jahrzehnt: 1950 - 1959

 | Produktionsland: Schweden

 

Einen Sommer lang markiert einen Umschwung innerhalb des Frühwerkes von Ingmar Bergman: Im Gegensatz zu vorherigen Filmen handelte es sich nicht um eine Auftragsarbeit, sondern um ein persönliches Werk. Bergman fand im Lauf der Dreharbeiten erstmals zu seinem Stil und legte den Grundstein für sein späteres Schaffen.

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Diese Kritik ist Teil einer langfristigen Retrospektive zu Ingmar Bergman. Alle Infos dazu sind hier zu finden.

Filmkritik:

Einen Sommer lang spielt auf zwei verschiedenen Zeitebenen: In der Rahmenhandlung erinnert sich eine Frau an einen Sommer vor 13 Jahren und die glücklichen Wochen mit ihrer großen Liebe. Diesen Zeitraum zeigt der Film in einer langen Rückblende; es handelt sich daher in weiten Teilen um einen unbeschwerten Liebesfilm, der erst im letzten Viertel andere Töne anschlägt.

Bergmans zehnte Arbeit sollte den Auftakt für eine ganze Reihe von Filmen bilden, die sich im schwedischen Sommer aalen und einen leichtfüßigen Tonfall anschlagen, der bei der Betrachtung von Bergmans Gesamtwerk (zu) oft unterschlagen wird. Auf Einen Sommer lang folgten innerhalb weniger Jahre Die Zeit mit Monika, Lektion in Liebe und die Schlüsselwerke Das Lächeln einer Sommernacht und Wilde Erdbeeren, die allesamt im Hochsommer spielen.

Um diesen adäquat einfangen zu können, ließ Bergman die Filmstudios hinter sich und drehte an Originalschauplätzen – eine neue Erfahrung für den Regisseur, der auch autobiografische Elemente einfließen ließ. Er verarbeitete nach wie vor die Scheidung von seiner zweiten Frau sowie eine Sommeraffäre, die er im Alter von 19 Jahren mit einem Mädchen hatte, das an Polio erkrankte.

Vielleicht war es dieser persönliche Hintergrund und die Tatsache, dass es sich nicht um eine bloße Auftragsarbeit handelte, dass Einen Sommer lang für den jungen Regisseur einen wichtigen Entwicklungsschritt bedeutete. Bergman beschrieb sich rückblickend als technisch wenig versiert und war aufgrund seines Ehrgeizes häufig unzufrieden. Doch in diesem Werk fügte sich erstmals alles zusammen – seine Entscheidungen führten zu den gewünschten Ergebnissen. Der Regisseur, bis dahin ein Getriebener seines Talentes, gewann die Kontrolle über sein Können.

Folgerichtig lässt sich in Einen Sommer lang erstmals ein klarer inszenatorische Stil von Ingmar Bergman ausmachen. Dabei profitierte der schwedische Regisseur auch von einem festen Team, das im Verlauf mehrerer Filme zusammengefunden hatte. Auch die Erzählperspektive mit einer Frau im Zentrum sollte zukunftsweisend sein – während die Männer in Bergmans Filmen oft eine eindeutige Rolle einnehmen, fand er in den weiblichen Figuren einen Resonanzboden für die komplexe, widersprüchliche Natur des Menschen.

In diesem Fall gelingt dem Filmemacher, einen Jahre währenden psychischen Verarbeitungsprozess nahbar zu erzählen. Die Protagonistin erscheint beziehungsunfähig und einsam zugleich, die leuchtende Vergangenheit wirft einen Schatten auf die Gegenwart. Da ein Großteil des Films im magischen Gestern spielt, geht Einen Sommer lang die so oft mit Bergman assoziierte psychologische Schwere ab.

Das liegt vor allem an den schönen Bildern, die der Filmemacher und der Stammkameramann seines Frühwerkes, Gunnar Fischer, aus den Originalschauplätzen ziehen, der schwedische Sommer bietet den idealen Hintergrund für eine Liebesgeschichte. Diese wird auch durch Hauptdarstellerin belebt: Maj-Britt Nilsson überzeugt wie schon ein Jahr zuvor in An die Freude. Sie ist mit ihrer Energie und Ausstrahlung Dreh- und Angelpunkt des Films.

Trotz des unbeschwerten Tonfalls, den der Film über weite Strecken anschlägt, lassen sich einige Bergmanismen entdecken. Der Regisseur baut Metaphern ein, die sich wie Dornen in das heitere Geschehen bohren: Ein Tagebuch als Symbol für eine tragische Vergangenheit und Schlüssel der Erzählung; eine komplett in Schwarz gehüllte Frau, die den Tod verkörpert; Vogelschreie, die mal als Verheißung von Glück, mal als Vorbote von Unglück interpretiert werden.

Bergmans zehnte Arbeit lässt das Talent des Regisseurs erahnen und stellt eine deutliche Steigerung zum missratenen An die Freude dar, erreicht aber noch nicht die Komplexität und Wucht späterer Werke. Allerdings schließt Einen Sommer lang mit einem seltenen und vielleicht dem schönsten Happy End in Bergmans Filmografie – einer Kussszene, bei der uns der verschmitzte Regisseur nur die Füße der Figuren zeigt.

★★★☆☆☆

Ingmar Bergman

In seinen rund 50 Filmen erforschte Ingmar Bergman die dunklen Seiten der menschlichen Psyche – Sex und Tod, Glaube und Hass nehmen zentrale Plätze im Schaffen des Schweden ein. Die düsteren Bilder unterstreichen diese Themenwahl nachhaltig und vermitteln oft eine Stimmung existenzieller Krisen. 1997 erhielt Bergman bei den Filmfestspielen in Cannes einen Sonderpreis als „bester Regisseur aller Zeiten“.

Drama

Der Dramabegriff dient als Auffangbecken für Filme, die sich keinem spezifischerem Genre zuordnen lassen. Dementsprechend viele Schattierungen ergeben sich: vom Sozial- über das Gesellschaftsdrama, das Melodram und die Tragikomödie. Die Gemeinsamkeiten dieser Subgenres liegen in realistischen, konfliktreichen Szenarien und einer Konzentration auf die Figuren.