Gefängnisfilme
Gefängnisfilme
Das Gefängnis zählt zu den spannendsten Orten des Kinos. Es bildet eine eigene kleine Welt und steckt doch voller großer Konflikte. Kein Wunder also, dass seit dem Beginn der Filmgeschichte viele Werke hinter „schwedischen Gardinen“ spielen und dabei eine große Bandbreite abdecken: Gefängnisfilme gibt es in Form von realistischen Sozialdramen, reißerischen Thriller, existenzialistischen Studien und unsittlicher Sexploitation. Werfen wir ein Blick auf die besten Knastfilme!
Unter Toms Top 7 erscheinen regelmäßig kurze, absichtlich subjektiv gehaltene Listen zu spezifischen Themen. Achtung: Spoiler.
Erwähnenswerte Filme
Um die Liste konsistent zu halten, musste ich eine Entscheidung treffen – zählen Kriegsgefangenenlager zu Gefängnissen? Ich habe mich für ein „Nein“ entschieden, weshalb großartige Filme wie Die Brücke am Kwai, Gesprengte Ketten oder Stalag 17 außen vor bleiben und eventuell mal eine eigene Bestenliste erhalten.
Selbiges gilt auch für Science-Fiction-Gefängnisse (wie in Alien³) und psychiatrische Anstalten. Sehenswert sind Eine Seite des Wahnsinns, Die Schlangengrube und Einer flog über das Kuckucksnest natürlich trotzdem.
Kommen wir nun zu den lobenden Erwähnungen und starten mit jugendlichen Straftätern: Zu erwähnen sind da die Gefängnisepisode von Uhrwerk Orange sowie Die Einsamkeit des Langstreckenläufers, ein Vertreter des britischen Free Cinema. Auch der rüde Thriller Abschaum und das brasilianische Drama Pixote befassen sich mit jungen Protagonisten.
Knastdramen sind vor allem eine amerikanische Domäne und besitzen in den USA eine lange Tradition mit verschiedensten Ausprägungen: Da gibt es B-Filme wie Zelle R 17 und Terror in Block 11, stargespickte Produktionen wie Der Unbeugsame und Papillon, Independentfilme wie Down By Law.
In den letzten Jahren sicherten sich zwei europäische Vertreter eine breitflächige Anerkennung: Ein Prophet und Hunger. Auch die deutsche Filmgeschichte hat ein sehenswertes Werk zu bieten: Den Klassiker Die Verrohung des Franz Blum mit Jürgen Prochnow.
Filme über Frauengefängnisse bilden noch mal einen ganz eigenen Kosmos. Über die Flut von Sexploitationfilmen hüllen wir an dieser Stelle den Mantel des Schweigens, eine Ausnahme soll jedoch nicht unerwähnt bleiben: Der japanische Pinky Violence-Streifen Sasori – Scorpion bietet abseitigen Spaß für Connoisseure.
Doch das Frauengefängnis wurde auch deutlich ernsthafter gezeigt. Empfehlen kann ich das amerikanischen B-Movie Revolte im Frauenzuchthaus und einen weiteren Vertreter, der es sogar in die Top 7 geschafft hat. Und zu der kommen wir jetzt:
Platz 7: Ich bin ein entflohener Kettensträfling
Mervyn LeRoy | USA | 1932
Starten wir mit dem Großvater aller Gefängnisfilme: Ich bin ein entflohener Kettensträfling ist ein Sozialdrama, dessen Protagonist zu Unrecht verurteilt wird und zehn Jahre in einem Arbeitslager verbüßen soll. Der Film klagt die unmenschlichen Verhältnisse und die Misshandlungen an – damals kein zugespitztes Filmthema, sondern die Realität. Das Anschauen lohnt sich allein schon wegen des überragenden Hauptdarstellers Paul Muni (Scarface). Die fantastische letzte Szene bleibt lange in Erinnerung.
Platz 6: Die Verurteilten
Frank Darabont | USA | 1994
Die Verurteilten zeigt das Gefängnis als märchenhaften Ort, in dem Gewalt und freundschaftliche Wärme koexistieren. Die Stärken des Films liegen in seiner Narration: Wie in der Novelle von Stephen King führt ein allwissender Erzähler durch die Handlung, die voller Anekdoten steckt und Ironie mit Melancholie vereint. Die guten Schauspieler runden die gediegene Unterhaltung ab.
Platz 5: 12 Uhr nachts – Midnight Express
Alan Parker | USA, Großbritannien | 1978
12 Uhr nachts verfrachtet einen jungen Amerikaner in ein türkisches Gefängnis. Das Drehbuch von Oliver Stone und die Inszenierung von Alan Parker interessieren sich wenig für Realismus, sondern verdichten den Gefängnisalltag zu einem fiebrigen Albtraum. Die dichte Stimmung und die guten Darsteller (Brad Davis, Bo Hopkins, John Hurt) gefallen besonders.
Platz 4: Frauengefängnis
John Cromwell | USA | 1950
John Cromwells Frauengefängnis besticht durch seinen Pessimismus. Das B-Movie imponiert mit finsteren Film Noir-Bildern und einem sozialkritischen Plot. Das Gefängnis ist hier kein Ort der Resozialisierung, sondern verwandelt die unschuldige, zaghafte Protagonistin nach und nach in eine abgebrühte Insassin ohne moralischen Kompass. Ein bitterer, fast schon zynischer Film, glänzend gespielt und spannend in Szene gesetzt.
Platz 3: Ein zum Tode Verurteilter ist entflohen
Robert Bresson | Frankreich | 1956
Ein zum Tode Verurteilter ist entflohen zählt zu den bekanntesten Arbeiten des französischen Autorenfilmers Robert Bresson. Die für den Regisseur so typische Trennung von Bild- und Tonebene kommt hier am besten zur Geltung. Im Zusammenspiel mit den schmucklosen Bildern macht Bresson das Gefühl der Gefangenschaft für uns Zuschauer erfahrbar und erzeugt eine besondere Anspannung, die er durch einen lange dauernden Fluchtversuch noch steigert.
Platz 2: Brawl In Cell Block 99
S. Craig Zahler | USA | 2017
Mit Brawl In Cell Blick 99 lieferte der Filmemacher S. Craig Zahler eine Hommage an das Grindhousekino ab, die im Gegensatz zu Death Proof und Co. ohne einen Funken Humor auskommt. Der aufs Wesentliche reduzierte Reißer begeistert durch seine Kompromisslosigkeit und verkommt nie zur plumpen Gewaltorgie. Brawl In Cell Blick 99 entwickelt sich nicht wegen der deftigen Action, sondern aufgrund des kompetenten Storytellings zu einem mitreißenden Filmerlebnis.
Platz 1: Das Loch
Jacques Becker | Frankreich | 1960
Jacques Beckers Das Loch sperrt uns Zuschauer zu fünf Häftlingen in eine Zelle und lässt uns nicht wieder heraus. Nur wenn der Ausbruchsversuch der Männer gelingt, gelangen auch wir in die Freiheit – eine unheimlich effektive Erzählweise! Regisseur Becker verzichtet auf jegliche Effekthascherei, seine Wirkung erzeugt der Film über konsequenten Realismus. Sein Film braucht weder eine Handlung noch eine Figurenzeichnung, eine musikalische Untermalung gibt es ebenfalls nicht.
Das Loch kennt nur konzentriertes Schweigen und pure Aktion – in manchen Szenen schlagen die Insassen minutenlang auf den Beton ein. Wenn sie in den schwarzen Kellergewölben des Gefängnisses nach einem Ausgang suchen, stellen auch wir Zuschauer jede Bewegung ein, um bloß kein Geräusch zu verursachen.