James Bond 007 – Der Spion, der mich liebte

Ein Film von Lewis Gilbert

 

 | Erscheinungsjahr: 1977

 | Jahrzehnt: 1970 - 1979

 | Produktionsland: GroßbritannienUSA

 

Mit Der Spion, der mich liebte gelang der Bond-Reihe eine Trendwende: Der zehnte Teil der Filmserie korrigiert den verkorksten Start der Roger Moore-Ära und übertrifft seine beiden Vorgänger in allen Belangen. Aufgrund seines immensen Unterhaltungswertes zählt der Film zu den Höhepunkten des Franchise.

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Filmkritik:

Auch dieses Mal arbeitet ein Superschurke daran, West und Ost gegeneinander auszuspielen; doch die Geheimdienste erkennen das und arbeiten ausnahmsweise zusammen. Dazu führen sie ihre besten Agenten ins Feld – James Bond für die Briten, Major Anya Amasova für die Sowjets. Allerdings weiß 007 nicht, dass er Amasovas Geliebten auf dem Gewissen hat und die Spionin auf Rache sinnt, sobald die gemeinsame Mission vorbei ist.

Nach drei Filmen in Folge musste Guy Hamilton den Regiestuhl für Lewis Gilbert räumen, der einige Jahre zuvor bereits Man lebt nur zweimal gedreht hatte und den missglückten Neustart der Filmserie begradigen sollte. Eine goldrichtige Entscheidung: Unter Gilberts Fittichen greift Der Spion, der mich liebte verloren gegangene Stärken auf.

Der neue Schwung deutet sich schon in der Pre-Title-Sequenz an, die Bond zu einer rasant gefilmten Ski-Verfolgungsjagd durch die Schweizer Alpen nötigt und mit einem fulminanten Stunt abschließt. Den bemerkenswertesten Aspekt der alpinen Action stellt indes die Tonebene dar.

Komponist Marvin Hamlisch entschied sich gegen konventionelle Spannungsmusik und setzte stattdessen Melodien ein, die an den damals populären Discosound der Bee Gees angelehnt waren. Der funkige Score, der im Verlauf des Films mehrfach zum Einsatz kommt, überzeugt auf ganzer Linie – er unterstreicht die Dynamik der Spannungsszenen und spiegelt zugleich die ironische Note des Bond-Universums wider.

Auch abseits der Actionszenen gelingen Hamlisch stimmungsvolle Akzente, was besonders in der Ägypten-Episode zum Tragen kommt – orientalische Klänge sorgen für die entsprechende Atmosphäre, ohne Klischees zu bedienen. Auch überlädt der Komponist den Film nicht und setzt etwa bewusst Stille als Stilmittel ein, wenn Bond und Amasova einem Schurken nachschleichen.

Abseits der Tonebene setzt das zehnte Bond-Abenteuer auf das bewährte Rezept der Filmreihe, schickt Bond um die Welt und schlägt ein durchweg hohes Tempo an. Dabei tendiert Der Spion, der mich liebte weniger zur Beliebigkeit als die Vorgänger, da das Drehbuch den Plot deutlich klarer und stringenter aufbaut. Wo Bond in Leben und sterben lassen noch regelrecht passiv durch die Handlung trieb, übernimmt er wieder mehr Kontrolle.

Auch im Hinblick auf die Schauwerte scheint Gilbert aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt zu haben. Die Handlungsorte (neben den Schweizer Alpen und Ägypten auch Sardinien und das Mittelmeer) sind schön fotografiert und besitzen deutlich mehr Profil, für die Innenräume lieferte Ken Adam einmal mehr wunderbare Kulissen. Auch die Gadgets erhalten wieder mehr Raum, wobei besonders der kultige Lotus Esprit mit Tauchfunktion im Gedächtnis bleibt.

Zudem unternimmt 007 seine Tauchgänge nicht länger allein, sondern in Begleitung von Major Anya Amasova, die alle vorherigen Bond-Girls übertrifft. Während ihre meist profillosen Vorgängerinnen überwiegend als Bikinimodelle oder Betthäschen dienten, erweist sich die von Barbara Bach gespielte Agentin als intelligent und trickreich. Als bislang emanzipiertestes Bond-Girl erhält Amasova viel Screentime und eine tragende Rolle für die Handlung.

Diese neue Wertigkeit setzt Der Spion, der mich liebte zielgerichtet ein und lädt die beiden Agenten zu einem spielerischen Gefecht, das in Ansätzen den Geist klassischer Screwballcomedys atmet: Die Frage, wer hier eigentlich wen (ins Bett) manipuliert, wird über zweideutige Wortwechsel und diverse Blickduelle verhandelt, zudem wird geklaut, gedroht und betäubt – ein Heidenspaß.

Den Anlass für das Kennenlernen der beiden Helden liefert der frei nach Jules Vernes Kapitän Nemo modellierte Bösewicht Karl Stromberg, der die Menschheit zu einem Neuanfang unter Wasser zwingen will. Curd Jürgens spielt ihn typisch deutsch – etwas bieder und ohne die Grandezza eines Blofeld oder Goldfinger. Sein Mangel an Ironie mag zunächst nicht so viel Eindruck schinden, hat jedoch seine Berechtigung – Strombergs Kälte erdet den Film und negiert damit den Klamauk der Vorgänger.

Für das gewisse Etwas sorgt indes Strombergs Handlanger Jaws: Der auf deutsch als Beißer betitelte Hüne mit Metallgebiss setzt die Riege an kultigen Helfern fort und zählt seit jeher zu den beliebtesten Nebenfiguren des Bond-Universums. Zwar tritt er in den Actionszenen etwas hüftsteif auf (und gesellt sich damit zu Roger Moore, der nach wie vor bei Faustkämpfen schwächelt), seine bloße Physis schindet allerdings gehörig Eindruck.

Da Lewis Gilbert all diese Stärken homogen zusammenfügt, führt Der Spion, der mich liebte die Reihe zurück auf Kurs. Das zehnte Bond-Abenteuer bietet eine hervorragende Blaupause für die ironische Spielart der Filme und ließ auf ebenso unterhaltsame Nachfolger hoffen. Dass 007 in Moonraker sogar bis in den Weltraum vordringen sollte, hätte wohl niemand erwartet.

★★★★☆☆

„Bond. James Bond.“

Seit mehr als 60 Jahren bereichert James Bond die Kinogeschichte und umfasst inzwischen einen Kosmos aus 25 Filmen, 6 Hauptdarstellern sowie zahllosen Schurken und Bond-Girls. Gerade aufgrund der Serialität der Filmreihe lohnt ein vergleichender Blick auf das große Ganze: Die James Bond-Übersichtsseite versucht genau das und liefert Antworten auf die Fragen, wer der beste Bond-Darsteller ist und welche Filme der Reihe sich wirklich lohnen.