Die 25 besten Filme
aus China, Hongkong und Taiwan
Seit mehr als 100 Jahren bereichert das chinesischsprachige Kino die asiatische Filmlandschaft und machte sich seit den Siebziger Jahren auch international einen Namen – Stars wie Bruce Lee und Jackie Chan sowie Regisseure wie John Woo und Wong Kar-Wai gehören fest zum Kanon der Filmgeschichte.
Diese Bestenliste soll die Vielfalt der Three Chinas widerspiegeln: Sie enthält chinesische Klassiker, das Hongkong-Kino mit seinen Martial-Arts- und Actionfilmen sowie den Vertretern der Hongkong New Wave und Filme des Neuen Taiwanischen Kinos.
Bestenlisten verkünden keine objektiven Wahrheiten, sie sind per se subjektiv und imperfekt. Die hier aufgeführten persönlichen Favoriten sollten daher als inspirierende Ergänzung zu eigenen Lieblingsfilmen verstanden werden.
Honorable Mentions
Drei Länder, eine Bestenliste – da bleiben zwangsläufig viele sehenswerte Filme außen vor. Sie sollen zumindest lobend erwähnt werden:
Das chinesischsprachige Kino besitzt eine lange Tradition: Erwähnenswert ist etwa das Stummfilmdrama Die Göttliche, das von einer Prostituierten handelt. Große Gefühle bietet auch das Melodram Frühling in einer kleinen Stadt aus dem Jahr 1948.
Eine internationale Bekanntheit erlangte das chinesische Kino durch die Martial-Arts-Filme aus Hongkong, wo die Shaw Brothers jahrzehntelang Klassiker in Serie produzierten. Neben Die 36 Kammern der Shaolin ist vor allem Chang Chehs unbarmherziger Vier gnadenlose Rächer zu nennen. Auch Patrick Tams früher Film Das tödliche Schwert ist einen Blick wert.
Mitte der Achtziger Jahre sorgte die Hongkong New Wave für Furore. John Woo und Ringo Lam kombinierten brachiale Action und übersteigerte Gefühle: Woos A Better Tomorrow II und Bullet in the Head sowie Lams School on Fire und Full Contact haben die Bestenliste nur knapp verpasst.
Je näher das Jahr 1997 und die Übergabe Hongkongs an China rückte, desto stärker reflektierten die Filme der New Wave die diffusen Stimmungen und Identitätsfragen der Bevölkerung. Das kommt in Wong Kar-wais As Tears Go By, im Coming-of-Age-Film In the Heat of the Sun, dem tragischen Liebesdrama Hongkong Love Affair und dem fatalistischen Thriller The Longest Summer zur Geltung.
Auch in Taiwan entwickelte sich eine Filmströmung: Von 1982 an brachte das Neue Taiwanische Kino Filmemacher wie Edward Yang, Tsai Ming-liang und Hou Hsiao-hsien hervor.
Ende der Neunziger Jahre machte das Kino Hongkongs vor allem durch stilisierte Thriller von sich reden. Hier ist insbesondere Johnny To zu nennen, der seine ganze Karriere in dieser Rubrik ansiedelte. Sein Running Out of Time ist ebenso auf dem fiktiven 26. Platz gelandet wie Patrick Yaus The Longest Nite.
Das chinesische Kino der Neunziger Jahre verbinde ich vor allem mit den Filmen Zhang Yimous, für sein bodenständiges Drama Die Geschichte der Qiu Ju blieb jedoch leider kein Platz. Das moderne Kino Chinas bringt auch regelmäßig interessante Filme hervor, etwa den herrlich seltsamen Animationsfilm Have a Nice Day und den Festivalliebling Feuerwerk am helllichten Tage.
Auch das Hongkong-Kino lässt es immer noch gerne krachen, wie etwa Raging Fire, der letzte Film des kurz darauf verstorbenen Benny Chan, beweist. Zu guter Letzt soll auch das chinesisch-taiwanische A Sun erwähnt werden, der ruhig beginnt und die Spannungsschrauben dann immer weiter anzieht.
Nach diesen lobenden Erwähnungen kommen wir nun zu den 25 besten Filmen aus China, Hongkong und Taiwan:
Platz 25
Police Story
Jackie Chan | 1985 | Hongkong
Police Story steht beispielhaft für die Qualitäten von Jackie Chan, der den Film selbst zu seinen stärksten zählt. Das ist nachvollziehbar, denn Police Story besitzt einige der ikonischsten Szenen aus Chans Œuvre und zeigt seinen Star in waghalsige Stunts und Verfolgungsjagden. Chans Agilität kommt aber nicht nur in den großartigen Actionszenen zur Geltung, auch die zahlreichen komödiantischen Einschübe funktionieren überwiegend visuell und beweisen Chans Liebe zu seinen Vorbildern Buster Keaton und Harold Lloyd. Zudem profitiert der Hauptdarsteller von seinen gut aufgelegten Filmpartnerinnen Brigitte Lin und Maggie Cheung.
Platz 24
Boat People
Ann Hui | 1982 | Hongkong
Im Rahmen des aufblühenden Hongkong-Kinos der Achtziger Jahre beging Ann Hui ihr Regiedebüt mit Boat People, der Oliver Stones Salvador vorwegnahm. Hui platziert einen japanischen Fotoreporter im Nachkriegsvietnam und schildert die Umwälzungen der zerrütteten Nation über diese „neutrale“ Instanz; eigentlich geht sie jedoch mit rigoroser Polemik vor und bezieht eine klare Position. Dafür kombiniert sie Fatalismus und Melodramatik zu einer wirkungsvollen Mischung. Da Hui auch vor harten Gewaltszenen nicht zurückschreckt, entwickelt Boat People eine große Wucht und bleibt durch sein pessimistisches Finale lange in Erinnerung.
Platz 19
Rote Laterne
Zhang Yimou | 1991 | China, Hongkong, Taiwan
Rote Laterne spielt ausschließlich in einem herrschaftlichen Anwesen der 1920er-Jahre, in dem eine Kurtisane mit drei Nebenbuhlerinnen um die Gunst des Hausherren konkurriert. Das Drama von Zhang Yimou überzeugt vor allem visuell: Mittels symmetrischer Bild- und Farbkompositionen verdeutlicht Zhang den gehobenen Lebensstil der Kurtisanen und evoziert durch die strenge Formsprache zugleich den Eindruck eines Gefängnisses. Der Regisseur lässt uns so in jeder Szene die Abhängigkeit der Protagonistinnen von ihrem willkürlichen Patriarchen spüren. Die stimmungsvolle musikalische Untermalung und das vielseitige Spiel von Hauptdarstellerin Gong Li verstärken die Wirkung von Rote Laterne noch.
Platz 23
My Heart is That Eternal Rose
Patrick Tam | 1989 | Hongkong
Obwohl Patrick Tam eine treibende Kraft hinter der Hongkong New Wave war, ist er hierzulande eher unbekannt. Mit My Heart is That Eternal Rose inszenierte er den visuell schönsten Heroic Bloodshed-Vertreter. Tams Faible für Farbkontraste findet in den Händen der beiden Kamera-Fachmänner Christopher Doyle und David Chung zu voller Pracht. Dabei verbindet Tam die Melancholie eines Wong Kar-wai mit der gnadenlosen Action von John Woo: Er lädt sein Melodram mit großen Gefühlen auf, stürzt die Figuren durch unglückliche Umstände in eine Krise und treibt sie schließlich zur gewalttätigen Eskalation – so konsequent, dass wir geschockt auf den Abspann starren.
Platz 22
Fallen Angels
Wong Kar-Wai | 1995 | Hongkong
Mit Fallen Angels drehte Wong Kar-wai eine Fortsetzung zu Chungking Express und schickt erneut drei Figuren auf eine durch lose Episoden mäandernde Suche nach Lebenssinn und Liebe. Dabei entfesseln Wong und sein Stammkameramann Christopher Doyle eine rauschhafte Filmerfahrung: Fallen Angels spielt vor allem nachts und erzeugt durch die künstliche Beleuchtung, eine zügellose Kamera und zahlreiche Verfremdungseffekte eine hypnotische Wirkung. Trotz der visuellen und inhaltlichen Disruptionen zerfasert Fallen Angels nicht, sondern zieht daraus eine Poesie, die das Geschehen zusammenhält.
Platz 21
Judou
Zhang Yimou | 1990 | China
Der Plot von Judou könnte auch einer antiken griechischen Tragödie entstammen: Er spielt auf dem Gelände einer ländlichen Färbemühle im China der 1920er und handelt von einer ménage à trois zwischen dem greisen Besitzer, seiner jungen Frau und dem Ziehsohn des Hausherren. Daraus ergibt sich ein Melodram, in dem patriarchaler Machtmissbrauch und verbotenes Verlangen kollidieren. Im Gegensatz zu seinen anderen Filmen geht Zhang hier keine Kompromisse ein – er spielt die Figuren unbarmherzig gegeneinander aus und fördert ihre schlechten Seiten zutage. Das stimmungsvolle Setdesign spiegelt die hochkochenden Emotionen über die leuchtenden Farben der überall aufgehängten Stoffplanen.
Platz 20
Rebels of the Neon God
Tsai Ming-liang | 1992 | Taiwan
Während viele spätere Arbeiten von Tsai Ming-liang durch eine wortlose Einsamkeit und kalte Großstadtbilder wie bei Michelangelo Antonioni geprägt sind, zeigt sich der Regisseur in seinem Debütfilm Rebels of the Neon God von einer anderen Seite. Sein Porträt eines orientierungslosen Jugendlichen zeichnet Taipei als neonfarbigen Bienenstock und besticht durch Wärme und Humor. Dennoch sind hier bereits Tsais typischen Themen vorhanden: Das moderne Leben mutet zunehmend unpersönlich an, die Menschen bleiben auf sich selbst zurückgeworfen und finden keinen Zugang zu einer Gemeinschaft – eine fatalistische Note liegt über dem Geschehen.
Platz 18
Peking Opera Blues
Tsui Hark | 1986 | Hongkong
Peking Opera Blues vereint alles, was das berauschende Hongkong-Kino der Achtziger Jahre ausmacht. Tsui Hark kombiniert diverse Genres zu einer ironischen Spionagegeschichte mit enormen Unterhaltungswert. Er mixt Charme und Leichtigkeit einer Screwballcomedy mit akrobatischer Action und körperbetontem Humor; nebenbei unterlegt er das Geschehen mit einem politischen Subtext und hinterfragt Geschlechterrollen. Die drei bestens aufgelegten Hauptdarstellerinnen Brigitte Lin, Cherie Cheung und Sally Yeh begeistern ebenso wie der ungewöhnlich schnelle Schnitt, das hochwertige Produktionsdesign und die Musik von James Wong.
Platz 17
Ein Sommer zum Verlieben
Edward Yang | 1991 | Taiwan
Ein Sommer zum Verlieben ist das Opus magnum des Neuen Taiwanischen Kinos: In erstaunlich kurzweiligen vier Stunden schildert Edward Yang das Leben der Jugend im Taipeh der Sechziger Jahre. Sein reichhaltiges Zeit- und Gesellschaftsbild schwelgt in wunderschönen Bildern und baut eine dichte Atmosphäre auf, die die Historie Taiwans erlebbar macht. Dabei bewegt sich Yangs Film weitab jeder Sentimentalität, Ein Sommer zum Verlieben geht kritisch mit dem Kuomintang-Regime und seinem „Weißen Terror“ um und spiegelt die Auswirkungen der politischen Gewalt auch im brutalen Alltag der Jugendgangs. Dennoch besitzt Ein Sommer zum Verlieben auch viele herzliche und amüsante Momente, was für einen ambivalenten Gesamteindruck sorgt.
Platz 16
Suzhou River
Ye Lou | 2000 | China
In seinem 83 Minuten kurzen Melodram Suzhou River lässt Regisseur Ye Lou zwei Liebesgeschichten ineinander mäandern und kontrastiert den poetischen Tonfall durch die Bilder eines tristen Shanghais fernab der glitzernden Skyline. Die unstete Kamera enthüllt einen Film flüchtiger Zustände: Seine Figuren finden nie einen festen Stand, sie schweben zwischen Glück und Unglück, Gemeinsam- und Einsamkeit, Hoffnung und Melancholie. Die Flüchtigkeit greift letztlich auf Suzhou River selbst über – Ye Lous Film mutet bisweilen traumartig an und kann durch seine Ambivalenz immer wieder aufs Neue entdeckt werden.
Platz 15
Days of Being Wild
Wong Kar-Wai | 1990 | Hongkong
Mit seiner zweiten Regiearbeit Days of Being Wild schuf Wong Kar-Wai den Prototypen für seine späteren Werke. In lose erzählten Episoden schildert er von der Einsamkeit und Melancholie des Großstadtlebens und schwelgt dabei in betörenden neongrünen Bildern, die aus der ersten Zusammenarbeit mit Kamera-Meister Christopher Doyle resultieren. Auch die Besetzung ist über jeden Zweifel erhaben und vereint die Crème de la Crème des Hongkongs-Kinos. Während Wongs spätere Werke die Motive des Film Noir eher spielerisch einsetzen, überrascht Days of Being Wild in der zweiten Filmhälfte mit einer ernsthaften Wandlung zum tragischen Neo-Noir.
Platz 14
Todesduell der Shaolin
Siu-Tung Ching | 1983 | Hongkong
Der im englischen Sprachraum unter Duel to the Death bekannte Hongkong-Klassiker Todesduell der Shaolin zählt zu den späten Vertretern des Wuxia-Kinos, das hierzulande eher durch moderne Werke wie Tiger & Dragon oder Hero bekannt ist. In seinem Debütfilm nutzt Ching Siu-tung (A Chinese Ghost Story) die Narrenfreiheit des Wuxia-Films vollends aus und serviert ein wahnsinnig kreatives Spektakel: Die Actionszenen strotzen nur so vor Ideen, sind kompetent inszeniert und besitzen ein enormes Tempo. Trotz einiger absurder Späße nimmt der Film seinen Plot und die Figuren ernst, was sich im epischen Finale auszahlt, das mit umwerfenden Bildern glänzt und eine überraschend tragische Wirkung entwickelt.
Platz 13
Das Hochzeitsbankett
Ang Lee | 1993 | Taiwan, USA
Mit Das Hochzeitsbankett gelang Ang Lee der internationale Durchbruch, die Komödie gewann 1993 den Hauptpreis der Berlinale. Lee schildert eine Charade, die der in New York lebende Wai-Tung für seine plötzlich aus Taiwan angereisten Eltern aufführen muss. Sie kommen für die Hochzeit ihres Sohnes, doch der ist eigentlich schwul und ging die Ehe nur zum Schein ein – die Situation führt Wai-Tung, seinen Freund und die erst vor kurzem kennengelernte Braut durch zahlreiche Verwicklungen. Dabei besticht der Film durch einen warmherzigen Tonfall – er zielt nie aufs Alberne, sondern erweist sich als ungewöhnlich lebensklug, weil er auf unterhaltsame Weise die Beziehung zwischen verschiedenen Kulturen, Generationen und Geschlechtern verarbeitet.
Platz 12
In the Mood for Love
Wong Kar-Wai | 2000 | Hongkong, Niederlande, Frankreich
Der immer wieder zu den besten Werken des 21. Jahrhundert gezählte In the Mood for Love ist ein Liebesfilm ohne sichtbare erotische Annäherung – die Protagonisten bleiben gemeinsam einsam, weil ihr Beisammensein in einem sozial und architektonisch repressiven Hongkong des Jahres 1962 von vorneherein aussichtslos erscheint. Dabei verzichtet Wong Kar-wai auf eine konkrete Erzählung und reiht lose Momentaufnahmen aneinander; dennoch entwickelt In the Mood for Love einen enormen Sog. Das kunstvolle Produktionsdesign, die betörenden Bilder und das Charisma von Maggie Cheung und Tony Leung verleihen dem Film eine zeitlose Eleganz.
Platz 11
Made in Hong Kong
Fruit Chan | 1997 | Hongkong
Das zweite Werk von Fruit Chan mutet wie ein Debütfilm an – Made in Hong Kong ist trotz seines niedrigen Budgets ein ambitionierter Film, der sich an einem gewagten Stilmix versucht und durch eine fulminante Inszenierung besticht. Das Porträt eines orientierungslosen Jugendlichen changiert zwischen Humor und Tragik, Poesie und Brutalität, es kombiniert Coming of Age-Film, Liebesgeschichte und Yakuza-Thriller. Trotz einiger erzählerischer Brüche wirkt Made in Hong Kong wie aus einem Guss; Chans Musikvideoästhetik hält den Film zusammen und verleiht dem Geschehen die Stimmung eines Fiebertraums.
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Platz 10
Vive l’Amour – Es lebe die Liebe
Tsai Ming-liang | 1994 | Taiwan
Von der Einsamkeit der Großstadt: In Tsai Ming-liangs zweiten Film Vive l’Amour leben die Menschen schweigend vor sich hin, was der Regisseur in statischen Plansequenzen ohne Dialoge einfängt. Doch in dieser unbeteiligten Inszenierung und der alltäglichen Banalität verbergen sich humoristische Einsprengsel, die Suche nach Lebenssinn und Liebe sowie eine große Melancholie, die immer wieder hervorbricht. Damit gewann Tsai den Goldenen Löwen bei den Filmfestspielen von Venedig und feierte seinen internationalen Durchbruch.
Platz 9
Infernal Affairs
Andrew Lau, Alan Mak | 2002 | Hongkong
Infernal Affairs begeistert mit einem cleveren Drehbuch, das seine Konflikte lange schürt und zuspitzt, ohne sie ausbrechen zu lassen. So entwickelt sich ein Schattenboxen zweier für einander unsichtbarer Gegner (hervorragend: Tony Leung und Andy Lau), das ein Höchstmaß an Suspense erzeugt. Passend dazu fasst der Thriller sein Geschehen in kühl stilisierte Bilder des modernen, postkolonialistischen Hongkong und lässt sich aufgrund der existenziellen Krisen der beiden Hauptfiguren auch als Neo-Noir lesen. Die erzählerische Dichte konnten weder die beiden Nachfolger noch Martin Scorseses missratenes Remake Departed erreichen.
Platz 8
Chungking Express
Wong Kar-Wai | 1994 | Hongkong
Während Wong Kar-Wai am Schnitt von Ashes of Time arbeitete, drehte er Chungking Express als Nebenprojekt zur Ablenkung. Mit dieser Unbekümmertheit folgte Wong seinem Idol Jean-Luc Godard und schuf einen modernen Klassiker, der stark von der Nouvelle Vague geprägt ist. Einmal mehr erzählt der Regisseur in zwei Episoden von einsamen Großstädtern und fängt das flirrende Hongkong mit einer dynamischen Handkamera ein. Chungking Express tauscht die bei Wong sonst so präsente Melancholie jedoch gegen eine gut gelaunte Leichtfüßigkeit – der Film beschwört eine Magie der kleinen Dinge des Lebens und entwickelt nebenbei eine nonchalante Coolness.
Platz 7
Der blaue Drachen
Tian Zhuangzhuang | 1993 | China
Der blaue Drachen liefert ein Paradebeispiel für die Werke der „fünften Generation“ – jenen chinesischen Filmemachern, die sich in den Achtziger Jahren kritisch mit der jüngeren Geschichte auseinandersetzten. Tians Familiendrama beschreibt die Auswirkungen von Maos Innenpolitik über den Verlauf von zwei Jahrzehnten. Dabei dient der Werdegang einer Familie als Lackmustest für die Entwicklung der chinesischen Gesellschaft – anhand konkreter Einzelschicksale gelingt es dem Regisseur, historische Entwicklungen erfahrbar zu machen. Der blaue Drachen vereint somit nahbare Geschichtsschreibung mit dramatischem Storytelling.
Platz 6
The Killer
John Woo | 1989 | Hongkong
Nachdem John Woo das Actiongenre mit den ersten beiden A Better Tomorrow-Filmen zum Männer-Melodram transformiert hatte, übersteigerte er seine Heroic Bloodshed-Formel mit The Killer noch. Geprägt durch Jean-Pierre Melvilles Der eiskalte Engel, konfrontiert Woo den Moralkodex seiner Protagonisten mit einer unmoralischen Welt und stilisiert ihre Konflikte zu brachialen Gewaltopern. Die famos choreografierten Actionszenen und die Coolness von Hauptdarsteller Chow Yun-Fat bleiben im Gedächtnis.
Platz 5
Die Spur des Schreckens
Edward Yang | 1986 | Taiwan
In Die Spur des Schreckens verfolgt Edward Yang die einander kreuzenden Wege von Menschen in Taipeh, was zunächst episodenhaft anmutet und an die Filme von Tsai Ming-liang erinnert, der die Hauptstadt Taiwans ebenfalls als anonyme Metropole zeichnet. Die reduzierte Inszenierung verstärkt diese Weltsicht durch einen semidokumentarischen Stil, mit fortlaufender Spielzeit ändert sich der Eindruck jedoch. Je stärker die einander unbekannten Protagonisten sich gegenseitig beeinflussen, desto unnatürlicher wirkt der Realismus des Films. Das schicksalhafte Finale verstärkt den postmodernen Anstrich von Die Spur des Schreckens und trifft uns unerwartet.
Platz 4
A Better Tomorrow
John Woo | 1986 | Hongkong
Unter den Fittichen von Tsui Hark gelang Regisseur John Woo und Hauptdarsteller Chow Yun-Fat, die bis dato beide auf leichte Komödien abonniert waren, der große Durchbruch. Woo kombinierte die unbarmherzige Gewalt der Martial-Arts-Filme von Chang Cheh mit dem Stilwillen von Jean-Pierre Melville und drehte einen Gangsterfilm voller gewaltiger Shootouts, mit denen einige Männer ihre Freundschaft verteidigen. Die unerwartete Melodramatik etablierte eine neue Spielart des Hongkong-Kinos: Heroic Bloodshed. A Better Tomorrow ist noch deutlich roher als spätere Werke Woos, entfaltet aber gerade durch seine Imperfektion eine anarchische Stimmung.
Platz 3
Limbo
Soi Cheang | 2021 | China, Hongkong
Limbo mutet wie eine unheilige Melange aus Sieben und Es ist schwer, ein Gott zu sein an. Im Thriller von Soi Cheang jagen zwei ungleiche Polizisten einen Serienmörder durch die Gossen Hongkongs, das als dystopischer Müll-Moloch inszeniert wird. Dabei überwältigt der Film durch ein extrem detailreiches Setdesign, das im Zusammenspiel mit dem kontrastreichen Schwarz-Weiß eine apokalyptische Stimmung erzeugt. Als Neo-Noir unterfüttert Limbo seine Bildgewalt durch eine pessimistische Weltsicht und einen destruktiven Umgang mit seinen Figuren. So entsteht ein Filmerlebnis, das nachhaltig im Gedächtnis bleibt.
Platz 2
Hard Boiled
John Woo | 1992 | Hongkong
Mit Hard Boiled krönte John Woo seine Arbeit als Actionregisseur und verabschiedete sich mit dem größtmöglichen Knall aus Hongkong. Sein Film ist mit Chow Yun-Fat, Tony Leung und Anthony Wong erstklassig besetzt und belässt es inhaltlich beim Genre-Standard. Woo verzichtet auf die bedeutungsschwangere Melodramatik seiner vorherigen Arbeiten und fokussiert sich auf pure, kompromisslose Actionsequenzen. Schon die legendäre Teehaus-Schießerei zu Beginn des Films ist meisterhaft choreografiert und gefilmt, das 40-minütige (!) Finale definiert bis heute den Gipfel des Actionkinos.
Platz 1
Leben!
Zhang Yimou | 1994 | China
Leben! entwirft eine viele Jahre umspannende Familiengeschichte mit empathisch gezeichneten Figuren, die diverse Schicksalsschläge überwinden müssen, und entwickelt aus dieser geerdeten Perspektive heraus ein Panorama der chinesischen Gesellschaft des 20. Jahrhunderts. So gelingt es Zhang Yimou, die großen politischen und gesellschaftlichen Umwälzungen unter Mao greifbar zu machen. Doch Leben! ist weit mehr als eine Geschichtsstunde – Zhangs Melodram bietet im Großen und im Kleinen besondere Momente, die auf einer spannenden Figurenentwicklung und mitreißenden Darstellerleistungen fußen.
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