Die 30 besten
Horrorfilme
der Kinogeschichte
Das Horrorgenre ist so alt wie das Kino selbst. Die Schreckensszenarien auf der Leinwand bieten uns die Möglichkeit, unterbewusste Ängste zu bewältigen, die sich in Form von Geistern, Monstern oder Serienkillern manifestieren.
In der künstlerischen Bewertung haben Horrorfilme bis heute einen schweren Stand, wozu die Flut an billigen, bluttriefenden Vertretern beitrug. Das Aufkommen ironischer, postmoderner Werke hat dem Genre zudem ein Stück weit die Magie genommen.
Doch wenn Horrorkino intelligent erzählt und kompetent inszeniert wird, entwickelt das Genre eine unübertreffliche Wucht. Die folgende Bestenliste ist jenen Gruslern, Erschreckern und Surrealitäten gewidmet, die solche einmaligen Filmerlebnisse ermöglichen.
Bestenlisten verkünden keine objektiven Wahrheiten, sie sind per se subjektiv und imperfekt. Die hier aufgeführten persönlichen Favoriten sollten daher als inspirierende Ergänzung zu eigenen Lieblingsfilmen verstanden werden.
Honorable Mentions
Es liegt in der Natur der Sache, dass für viele tolle Filme kein Platz auf der Bestenliste bleibt. Dennoch sollen einige noch lobend erwähnt werden:
Der Horrorfilm bereicherte die Kinogeschichte schon früh: So überraschte der expressionistische Stummfilmklassiker Das Cabinet des Dr. Caligari mit einem der ersten Twists.
Aus den Anfangstagen des Kino stammt auch der Stumm- und Tonfilmhybrid Vampyr. Und wo wir gerade bei Vampiren sind, soll auch der moderne Klassiker From Dusk Till Dawn nicht vergessen werden.
Ebenfalls zum festen Repertoire des Genres zählen die Zombies; gelungene Vertreter des Zombiefilms sind 28 Days Later und Planet Terror, die eine Platzierung auf der Bestenliste knapp verpasst haben. Untote treten auch in anderen Formen auf – Boris Karloff gab 1932 im Universals Horrorfilm Die Mumie einen wunderbaren Antagonisten ab.
Noch weniger fassbar und daher vielleicht umso gruseliger sind Geister, die in Filmen häufig vorkommen. Tim Robbins‘ Vietnamheimkehrer sieht sie in Jacob’s Ladder ebenso wie ein Junge in The Sixth Sense. In Entity vergewaltigt ein unsichtbarer Geist regelmäßig die Protagonistin und in Die Kunst des toten Mannes entwickeln die Bilder eines toten Malers ein Eigenleben.
Der japanische Kultfilm Hausu beherbergt zig Geister in einem alten Landhaus und wirft damit direkt das nächste Thema auf – viele Schauergeschichten sind an einen konkreten Ort geknüpft. Das zeigen auch die beiden spanischen Horrorfilme Das Versteck (Mädchenpensionat) und Das Waisenhaus. Die eiserne Rose spielt auf einem nächtlichen Friedhof und Guy Maddins Brand Upon the Brain! in einem Leuchtturm.
Manchmal reicht auch ein finsterer Antagonist, der seinen Opfern ganz altmodisch mit Waffengewalt nach dem Leben trachtet. Sehenswerte Beispiele bieten Michael Myers aus John Carpenters Slasherfilm Halloween und Rutger Hauers Bösewicht in Hitcher, der Highway Killer. Jordan Peeles Horrorfilm Wir konfrontiert eine Familie mit ihren Doppelgängern und macht ebenfalls großen Spaß.
Die thematische Breite des Horrorkinos zeigt sich auch darin, dass es sich mit anderen Genres verbinden lässt, besonders mit dem Science-Fiction-Film. Dort kommt die Gefahr aus dem Weltall wie in Die Dämonischen (1956) und Die Körperfresser kommen (1978), durch Erfindungen mit Nebenwirkung wie in David Cronenbergs Die Fliege oder in immer neuen Zeitschleifen bei Triangle.
Zu guter Letzt noch einige Horrorfilme, bei denen der eigene Körper zum Albtraum werden kann: Ginger Snaps verbindet Pubertät mit Werwolfsmythos, Rosemaries Baby eine Schwangerschaft mit Okkultismus. In Orlacs Hände kämpft ein Pianist mit seinen Extremitäten, im existenzialistischen japanischen Horrorfilm The Face of Another werden Gesicht und Innenleben infragegestellt. In Darren Aronofskys Debütfilm Pi verliert ein junger Mann den Verstand und in Lars von Triers Antichrist beutet sich ein traumatisiertes Ehepaar geistig und körperlich aus.
Kommen wir nun zu den 30 besten Horrorfilmen der Kinogeschichte:
Platz 30
The Wicker Man
Robin Hardy | 1973 | Großbritannien
The Wicker Man wird durch eine ungewöhnliche Genre-Mischung zum besonderen Kleinod: Der britische Klassiker ergänzt den Plot eines Kriminalfilms mit Horror-Motiven, musikalischen Einlagen und satirischen Untertönen. Der Film schickt einen biederen Polizisten auf einer Insel voller heidnischer Hippies und nutzt diesen Gegensatz, um die britische Borniertheit aufs Korn zu nehmen. Dabei bleibt die Handlung um ein verschwundenes Mädchen lange mysteriös, sodass The Wicker Man viel Suspense aufbaut. Die malerischen Bilder und der charismatische Christopher Lee als Inseloberhaupt steigern den Unterhaltungswert noch.
Platz 29
Picknick am Valentinstag
Peter Weir | 1975 | Australien
Der australische Horrorfilm Picknick am Valentinstag ist ein höchst ungewöhnlicher Vertreter des Genres. Statt uns mit konkreten Schrecken zu schocken, wirkt Peter Weirs Werk rein suggestiv. Der auf wahren Begebenheiten beruhende Film spielt um das Jahr 1900 und schildert das Verschwinden einiger Schülerinnen im Outback. Dabei verzichtet das Drehbuch auf konventionelle Erzählmethoden und entwirft ein zeitloses Mysterium, das keine Antworten liefert. Picknick am Valentinstag verpackt das Geschehen in traumartige Naturbilder, die allem Sonnenschein zum Trotz ins Negative kippen – nur durch den Einsatz von Musik etabliert der Film eine unheilvolle Stimmung.
Platz 28
Suspiria
Dario Argento | 1977 | Italien
Nachdem Dario Argento seine Karriere mit einigen Gialli begonnen hatte, ging er mit dem Horrorfilm Suspiria den nächsten Schritt und wirft uns Zuschauer in ein abstraktes Fantasy-Deutschland, genauer gesagt in eine verwunschene Tanzschule. Abgesehen von einigen bemerkenswerten Mordszenen bleibt die Handlungsebene schlicht, doch das tut dem Film keinen Abbruch, da er ganz und gar von seinem Stilwillen lebt. Argento und sein Kameramann Luciano Tovoli schwelgen in den farbenprächtigen Art déco-Dekors der Tanzschule, die sich mit einer herausragenden Kameraarbeit und fantastischer Beleuchtung einfangen. Im Ergebnis ist Suspiria ein phantasmagorisches Filmerlebnis voller magischer Momente, das herkömmliche Maßstäbe eindrucksvoll ignoriert.
Platz 27
Blond
Andrew Dominik | 2022 | USA
Mit Blond drehte Andrew Dominik kein konventionelles Biopic über Marilyn Monroe, sondern einen lupenreinen Horrorfilm in der Tradition von Roman Polanski und David Lynch. Basierend auf dem spekulativen Roman von Joyce Carol Oates deutet Dominik das Leben von Monroe in einen verstörenden Albtraum um: Er streicht alles Positive und verbindet Traumata, Schicksalsschläge und Missbrauch zu einer dreistündigen Tour de Force. Trotz der Überlänge fesselt Blond aufgrund der umwerfenden Ana de Armas in der Hauptrolle; die meisterhafte Bildgestaltung und das effektvolle Sounddesign hinterlassen einen bleibenden Eindruck.
Platz 26
Der Exorzist
William Friedkin | 1973 | USA
Der Exorzist brachte dem Horrorfilm einen entscheidenden Durchbruch: Der Klassiker von William Friedkin erreichte als einer der ersten Vertreter des Genres den breiten Mainstream und eine Oscar-Nominierung als bester Film. Friedkin spielt die schauerliche Stimmung der Romanvorlage effektvoll aus und sorgte für ein Revival okkultistischer Themen im Kino. Im Gegensatz zu zahlreichen Epigonen ist Der Exorzist nicht auf billige Schocks angewiesen – er baut sein Szenario bedächtig auf und gewinnt daraus das Fundament für beklemmende Gänsehautszenen. Das drängt selbst den reaktionären Subtext in den Hintergrund.
Platz 25
Der Mieter
Roman Polanski | 1976 | Frankreich
Der Abschluss von Roman Polanskis Mieter-Trilogie tendiert weniger zum Horrorgenre als Ekel und Rosemaries Baby, aber wie die „Vorgänger“ steigert auch Der Mieter eine alltägliche Situation ins Extreme. Polanski gelingt eine reizvolle Melange aus Psychothriller und obskurer Komödie – er etabliert eine kafkaeske Stimmung, die über die Gesellschaft spottet und doch existenziellen Schrecken für jene birgt, die in ihr leben. Da der Regisseur auch als Hauptdarsteller brilliert, fällt die Identifikation mit dem neurotischen Protagonisten leicht.
Platz 24
The Others
Alejandro Amenábar | 2001 | USA
Nach den spanischen Erfolgsfilmen Tesis und Öffne die Augen beging Regisseur Alejandro Amenábar mit The Others sein Hollywood-Debüt und inszenierte einen im besten Sinne altmodischen Horrorfilm, der sich simplen Schocks verweigert und ganz auf eine bedrückende Stimmung setzt. Die baut sich nahezu von selbst auf, da der Film ausschließlich in einem alten Anwesen spielt, in dem eine Mutter ihre beiden lichtallergischen Kinder im Halbdunkel aufzieht. Amenábars Kammerspiel nutzt die mysteriösen Seiten des Plots effektvoll aus und profitiert von der hervorragenden Hauptdarstellerin Nicole Kidman.
Platz 23
The Texas Chainsaw Massacre – Blutgericht in Texas
Tobe Hooper | 1974 | USA
Tobe Hoopers berühmt-berüchtigtes Texas Chainsaw Massacre läutete einen Paradigmenwechsel im Horrorkino ein: Das Böse entstammt nicht länger übernatürlichen Quellen, sondern wohnt im Menschen selbst. Indem Hooper mit den konventionellen Strukturen und Strategien des Horrorgenres bricht, transformiert er den Horror- zum Terrorfilm und lässt das Geschehen maximal eskalieren. Das niedrige Budget erweist sich sogar als Vorteil – es verleiht Blutgericht in Texas eine Rohheit, die den Klassiker noch schwerer verdaulich macht.
Platz 22
Dawn of the Dead
George A. Romero | 1978 | USA
10 Jahre, nachdem George A. Romero das Horrorgenre mit Die Nacht der lebenden Toten revolutionierte, legte er mit Dawn of the Dead eine „Fortsetzung“ auf, der sich über Nacht zum Kultfilm entwickelte. Romero tauscht die Klaustrophobie des ersten Films mit der Weite eines Einkaufszentrums, in dem sich die Protagonisten verschanzen – eine Steilvorlage, um den alles beherrschenden Konsumismus des American Way of Life zu kommentieren, aber auch ein wunderbares Setting für existenzielle Themen, sodass sich Satire und Horror in der Waage halten. Das Design der Zombies mag inzwischen altbacken anmuten; die dichte Stimmung, die praktischen Effekte und der politische Subtext sind jedoch über jeden Zweifel erhaben.
Platz 21
It Follows
David Robert Mitchell | 2014 | USA
It Follows sorgt mit einer simplen Prämisse für maximale Spannung: Der Horrorfilm lässt einen sexuell übertragbaren Dämon auf einige Teenager los und versetzt uns Zuschauer in ihre Lage: Weil das Böse in menschlicher Form langsam, aber stetig auf sein Ziel zuschlurft, könnte sich jederzeit jeder Statist als Dämon entpuppen. Aus diesem für das Horror-Genre eher untypischen Understatement zieht It Follows ein enormes Suspense. Darüber hinaus überzeugen auch die Bildgestaltung und Hauptdarstellerin Maika Monroe.
Platz 20
Tenebre
Dario Argento | 1982 | Italien
Mit Tenebre drehte Dario Argento einen mitreißenden Giallo, wobei er die zwischen Kriminal- und Horrorfilm changierende Strömung als lupenreiner Slasher ausgestaltete. Wie so oft beim Giallo spielen Figurenzeichnung und Dialoge eine untergeordnete Rolle, der kreative Whodunit-Plot sorgt hingegen für beste Unterhaltung. Seine durchschlagende Wirkung erzielt Tenebre mit einer bemerkenswerten Kameraarbeit und dem treibenden Score der Band Goblin – beides verleiht Argentos Werk viel Flair und sorgt für memorable Mordszenen.
Platz 19
Wenn die Gondeln Trauer tragen
Nicolas Roeg | 1973 | Großbritannien
Wenn die Gondeln Trauer tragen besticht durch subtilen Schrecken: Der Film über ein Ehepaar, das für einige Monate nach Venedig zieht, um den Unfalltod eines Kindes zu verarbeiten, überträgt die tiefgehende Verunsicherung der Protagonisten nach und nach auf uns Zuschauer. Die Regie von Nicolas Roeg funktioniert fast ausschließlich über Suggestion: Sein Horror kriecht schleichend und unsichtbar in unseren Kopf. Passend dazu verleiht der Regisseur Venedig die Stimmung einer kalten Gruft – die Stadt gleicht einem muffigen Labyrinth, in dem sich die beiden famosen Hauptdarsteller verlieren.
Platz 18
Shining
Stanley Kubrick | 1980 | Großbritannien, USA
Stanley Kubrick formte aus dem dritten Roman von Stephen King einen der bekanntesten Klassiker des Horrorgenres. Der Regisseur setzt das spukige Overlook Hotel mit einer außerordentlichen Kälte in Szene, sodass die Flure und Hallen trotz ihrer Weitläufigkeit klaustrophobisch anmuten. Die tollen Kamerafahrten und einige inszenatorische Tricks steigern dieses Gefühl noch, auf plakative Schocks kann Kubricks Film daher verzichten. Doch Shining profitiert nicht nur von seiner formalen Qualität, auch der spielwütige Jack Nicholson trägt nachhaltig zur Intensität bei und reißt jede Szene an sich.
Platz 17
Kuroneko
Kaneto Shindô | 1968 | Japan
Der japanische Geisterfilm Kuroneko besticht durch eine grandiose Bildsprache und setzt seinen Handlungsort – einen nächtlichen Bambuswald, in dem zwei rachsüchtige Geisterfrauen durchreisenden Samurai auflauern – eindrucksvoll in Szene. Kaneto Shindô taucht einen Großteil der Bilder in Finsternis und erzeugt durch eine kunstvolle Ausleuchtung harte Kontraste, die den Schauplatz der Realität entheben. Der Regisseur verstärkt den magischen Eindruck noch durch eine Reihe inszenatorischer Tricks, die mit unserer Wahrnehmung spielen; so gewinnt Kuroneko eine dichte Atmosphäre und entwickelt einen immensen Sog.
Platz 16
Die schwarze Narzisse
Powell & Pressburger | 1947 | Großbritannien
Im britischen Klassiker Die schwarze Narzisse übernimmt eine Delegation von Nonnen ein Kloster im Himalaya. Was wie ein Abenteuerfilm beginnt, wandelt sich zum Melodram und mündet in lupenreinem Horror; diese nahtlose Genre-Melange wird durch eine feine Charakterzeichnung und ein exzellentes Ensemble ermöglicht. Das Autorenfilmerduo Powell & Pressburger zaubert wie gewohnt mit dem Technicolor und präsentiert den durch fantastische Matte Paintings erweiterten (Studio-)Himalaya bildgewaltig. Die beiden Filmemacher formen aus der exotischen Stimmung, einer untergründigen sexuellen Spannung und langsam gärendem Wahnsinn ein Meisterwerk.
Platz 15
Das Ding aus einer anderen Welt
John Carpenter | 1982 | USA
John Carpenters Das Ding aus einer anderen Welt konfrontiert die Mitarbeiter einer antarktischen Forschungsstation mit einem außerirdischen Virus und vereint damit Science-Fiction- und Horrorfilm zu einem grandiosen Erlebnis. Carpenter zieht eine klaustrophobische Atmosphäre aus dem abgeschiedenen Handlungsort und steigert den Spannungsgrad unaufhörlich. Die Maßstäbe setzenden Monstereffekte haben auch nach 40 Jahren nichts von ihrer Wirkung verloren und die Coolness von Hauptdarsteller Kurt Russell kann es mit der eisigen Umgebung aufnehmen.
Platz 14
Climax
Gaspar Noé | 2018 | Frankreich
In Climax schickt Gaspar Noé ein Tanz-Ensemble via unfreiwilliger LSD-Überdosis auf einen Horrortrip und beschert uns einmal mehr ein rauschhaftes Meisterwerk. Aufgrund der formalen Virtuosität erzielt Climax eine hochgradig immersive Wirkung: Die in langen Plansequenzen delirierende Kamera stürzt uns mitten ins Geschehen, die stampfende Musik und die energetischen Darsteller machen uns zum aktiven Teilnehmern dieser Party voller entseelter Zombies. Da Noé gewohnt konsequent vorgeht und den Trip immer weiter eskalieren lässt, entwickelt sich Climax zu einem ungewöhnlichen Horrorfilm.
Platz 13
Nosferatu, eine Symphonie des Grauens
F. W. Murnau | 1922 | Deutschland
100 Jahre nach seiner Uraufführung vermag Nosferatu uns nicht mehr zu erschrecken, seine Faszination hat sich der Stummfilm von F. W. Murnau jedoch bewahrt: Als typischer Vertreter des Expressionismus bezaubert der Klassiker mit ansehnlichen Bildkompositionen. Murnaus kompetente Inszenierung erzeugt eine verwunschene Stimmung, die sich auf Bram Stokers zeitlosen (und ohne Lizenzierung verwendeten) Dracula-Stoff stützt. Einmalig ist hingegen die markante Erscheinung des Vampirs, die inzwischen längst zur Ikonografie des Horrorgenres zählt.
Platz 12
Blair Witch Project
Daniel Myrick, Eduardo Sánchez | 1999 | USA
An Blair Witch Project scheiden sich die Geister – der Low-Budget-Überraschungserfolg des Jahres 1999 erzeugt seinen Schrecken ausschließlich indirekt. Gerade aus der budgetbedingten Reduktion zieht die Mockumentary ihre Wirkung: Die rohen, verwackelten Bilder negieren die Ästhetik und die damit verbundene Sicherheit eines gewöhnlichen Spielfilms, die subjektive Kamera lässt uns keinen Rückzugsraum – wir erleben den Horrortrip der Protagonisten nicht aus der sicheren Distanz, sondern als einer von ihnen.
Platz 11
Die Nacht der lebenden Toten
George A. Romero | 1968 | USA
Die Nacht der lebenden Toten markiert den Beginn des modernen Zombiefilms. Mit bedrohlichen Schwarz-Weiß-Bildern etabliert das Kammerspiel trotz minimalen Budgets eine apokalyptische Stimmung. Die Untoten dienen vor allem als katalytisches Element: Die äußere Bedrohung bringt die inneren Konflikte der Protagonisten zum Vorschein. Die Hütte, in der sie sich verbarrikadieren, sperrt sie auch miteinander ein. Die schaurigen Höhepunkte und das unerwartete Finale hinterlassen einen bleibenden Eindruck.
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Platz 10
Schloss des Schreckens
Jack Clayton | 1961 | Großbritannien
In Schloss des Schreckens muss sich eine Gouvernante um zwei Kinder kümmern, die zunehmend seltsamer agieren. Da der Klassiker unzuverlässig erzählt, erkennen wir erst spät, dass sich ein Großteil des Horrors auf der psychologischen Ebene abspielt. Die mysteriösen Begebenheiten scheinen maßgeblich durch die erotischen Sehnsüchte der Protagonistin befeuert zu werden, die sie im viktorianischen England nicht ausleben kann. Deborah Kerr spielt fantastisch, das Suspense und die tollen Schwarz-Weiß-Bilder sorgen für eine beklemmende Stimmung.
Platz 9
Pulse
Kiyoshi Kurosawa | 2001 | Japan
Zu einer Zeit, als das Internet noch am Beginn seiner heutigen Bedeutung stand, drehte Kiyoshi Kurosawa den Arthouse-Horrorfilm Pulse, der erstaunlich früh der fortschreitenden Digitalität der Menschheit nachspürte. Hier transferiert eine Welle von Selbstmorden Menschen ins digitale Nichts, während ihre Körper verschwinden. Kurosawa verzichtet weitestgehend auf Schockmomente und setzt auf ein bedächtiges Tempo, um eine erst mysteriöse und später apokalyptische Stimmung zu erzeugen. Wenn sich Tokio (wortwörtlich) zur Geisterstadt entwickelt, spielt sich der Horror vornehmlich auf einer existenziellen Ebene ab: Das analoge Leben gerät zur Sackgasse der medialen Welt und konfrontiert die Zurückgebliebenen mit einer tiefgehenden Einsamkeit.
Platz 8
Lost Highway
David Lynch | 1997 | USA
In Lost Highway verwebt David Lynch zwei Albträume miteinander und entfesselt eine surreale Tour de Force, die sich als lose Variation von Goethes Faust lesen lässt. Lynch baut den Plot aus postmodern abstrahierten Film Noir-Versatzstücken zusammen und bevölkert ihn mit abstrusen Figuren wie dem ikonischen Mystery Man. Indem der Regisseur erzählerische Konventionen aufbricht und sein Werk auf die musikvideoartigen Bildcollagen und die unheilvolle Musik von Trent Reznor ausrichtet, nimmt er uns die Ratio und zwingt uns zu einer unterbewussten Auseinandersetzung. So bietet Lost Highway einen faszinierenden Trip in die Abgründe des Horrorkinos.
Platz 7
Bis das Blut gefriert
Robert Wise | 1963 | USA
Bis das Blut gefriert beruht auf einem der einflussreichsten Romane der Horrorliteratur, die Vorlage inspirierte u. a. Stephen King zu Shining. Die Adaption von Robert Wise wird der Vorlage gerecht: Mittels einer souveränen Kamera und einer effektvollen Beleuchtung etabliert der Regisseur das spukige Anwesen und die eigenartige Stimmung. Dabei bleibt Wise durchweg subtil und baut über weite Strecken auf die ambivalenten Figuren; erst in der zweiten Filmhälfte lässt er die Stimmung gekonnt kippen und sorgt mit wirkungsvollen Spannungsszenen für eine veritable Gänsehaut.
Platz 6
Alien
Ridley Scott | 1979 | USA
Alien verlieh dem Science-Fiction-Genre eine neue Seriosität: Der wegweisende Klassiker von Ridley Scott revidierte das Bild aseptischer Raumschiffe und siedelte seine Geschichte in dem dreckigen Raumfrachter Nostromo an, der nicht von typischen Helden, sondern von ganz normalen Leuten bewohnt wird. Scott bespielt die volle Klaviatur des Horrorkinos: Die düsteren Gänge und das effektive Sounddesign sorgen für eine klaustrophobische Stimmung, das selten zu sehende Alien für Suspense. In Erinnerung bleibt auch Sigourney Weaver als Archetyp des weiblichen Actionstars.
Platz 5
The Descent – Abgrund des Grauens
Neil Marshall | 2005 | Großbritannien
The Descent evoziert auf meisterhafte Weise existenziellen Horror: Er schickt sechs Frauen auf eine Odyssee durch ein unterirdisches Höhlensystem und überrascht mit blutigen Konflikten. Da sich der Film viel Zeit für die Exposition und die Figuren nimmt, verkommt er trotz einiger Schocks nie zur Gewaltorgie. Der klaustrophobische Schauplatz und die finsteren Bilder sorgen für ein Höchstmaß an Atmosphäre. Durch die psychisch labile Hauptfigur und einige erzählerische Brüche lässt The Descent mehrere Lesarten zu, was dem intensiven Filmerlebnis einen zusätzlichen Reiz verleiht.
Platz 4
Eraserhead
David Lynch | 1977 | USA
In seinem autobiografischen Debütfilm Eraserhead verarbeitete David Lynch seine Erfahrungen als junger Vater in Form eines surrealen Albtraums. Sein Horrorfilm versetzt uns in eine apokalyptische Welt voller seltsamer Schrecken und einer an den Nerven zerrenden Geräuschkulisse. Als typisches Midnight Movie schert sich Eraserhead nicht um Sehgewohnheiten und Konventionen; Lynchs nur vordergründig verschlüsselter Film bietet zahllose Symbole und Interpretationsmöglichkeiten an und schockiert durch eine der verstörendsten Kreaturen der Kinogeschichte.
Platz 3
Ekel
Roman Polanski | 1965 | Großbritannien
Ekel ist ein Meisterwerk des psychologischen Horrors und der erste Film in Roman Polanskis Mieter-Trilogie. Er schildert einige Tage aus dem Leben einer Frau, die sich in ihrer Wohnung verbarrikadiert und mit inneren Dämonen kämpft. Der Regisseur inszeniert den schleichenden Wandel der Protagonistin subtil: Stück für Stück bricht er die alltägliche Normalität auf, bis sie sich in einen surrealen Albtraum verwandelt. Dabei profitiert der Film enorm von Hauptdarstellerin Catherine Deneuve, die überragend spielt.
Platz 2
Psycho
Alfred Hitchcock | 1960 | USA
Psycho zeigt Alfred Hitchcock auf dem Höhepunkt seiner Schaffenskraft – mit seinem Meilenstein definierte der Brite das Horrorgenre neu. Gekonnt spielt der Regisseur mit dem voyeuristischen Blick des Publikums und siedelt den Schrecken im Alltag an. Dank der effektvollen Inszenierung, der ausgefeilten Dramaturgie und dem berühmten Score von Bernard Herrmann erzeugt Psycho eine nervenaufreibende Stimmung. Überdies bleiben die bemerkenswerten Twists und die viel zitierte Duschszene in Erinnerung.
Platz 1
Possession
Andrzej Zulawski | 1981 | Frankreich, Deutschland
Andrzej Zulawskis Possession schildert die Hölle einer zerbrechenden Ehe in übersteigerten Extremen. Bleierne Berlin-Bilder fassen das Horrordrama ein, das in kürzester Zeit ein hysterisches Chaos entfesselt und über das groteske Schauspiel von Sam Neill und Isabelle Adjani eine bedrückende Stimmung etabliert. Da der Film seinen Plot lange mysteriös hält, mit unerwarteten Abgründen verstört und seine vielen Metaphern nicht auflöst, lässt sich Possession immer wieder aufs Neue erkunden. Zulawskis Meisterwerk bietet intensives Horrorkino fernab aller Konventionen.
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